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AKTION/488: Ghana - Drohende Zwangsräumung bedroht Tausende Menschen in der Hauptstadt Accra


URGEND ACTION
Nr: UA-251/2010, AI-Index: AFR 28/006/2010, 9. Dezember 2010 - fp

Ghana - Drohende Zwangsräumung bedroht Tausende Menschen in der Hauptstadt Accra


Tausende Menschen, die entlang der stillgelegten Eisenbahnschienen in der ghanaischen Hauptstadt Accra leben, sind unmittelbar von der Zwangsräumung bedroht, weil das Bahnsystem wieder in Betrieb genommen werden soll. Die Männer, Frauen und Kinder, die auch "Schienenbewohner" genannt werden, leben und arbeiten in Kiosken und anderen kleinen Verschlägen entlang der Schienen. Sollten sie von dort vertrieben werden, drohen ihnen Obdachlosigkeit und Elend. Am 1. Dezember fuhren Kleintransporter, die mit Megafonen ausgestattet waren, durch informelle Siedlungen nahe den Eisenbahnschienen im Stadteil Agbogbloshie in Accra. Über die Megafone wurden die BewohnerInnen aufgefordert, ihre Hütten und Geschäfte abzubauen und das Gebiet innerhalb von 14 Tagen zu verlassen. Die BewohnerInnen wurden gewarnt, dass alle Einrichtungen, die nicht innerhalb der zwei Wochen abgebaut seien, abgerissen werden würden. Einige Einrichtungen waren zuvor bereits mit Kreuzen und Anweisungen, die Häuser bis zum 11. November zu verlassen, für den Abriss markiert worden. Am 7. Dezember gab die Behörde Accra Metropolitan Authority auf ihrer Website an, dass der Abriss von Siedlungen entlang der Eisenbahnschienen in Accra Teil eines landesweiten Plans für die Neuentwicklung des Eisenbahnnetzes von Ghana sei.

Einige der BewohnerInnen leben bereits seit über 17 Jahren entlang der Eisenbahnschienen in Accra. Die ghanaischen Behörden haben den BewohnerInnen keine alternativen Unterkünfte zur Verfügung gestellt und haben dazu auch keine Pläne für die Zeit nach den Zwangsräumungen.

Vorherige Abrisse waren von exzessivem Gewalteinsatz durch Polizei und andere Sicherheitskräfte begleitet gewesen. Im September wurden zwei Menschen getötet und 15 weitere schwer verletzt, nachdem die Polizei und Soldaten scharfe Munition, Plastikgeschosse und Tränengas gegen eine Gruppe von Demonstrierenden eingesetzt hatten. Die Demonstrierenden hatten gegen den Abriss ihrer Geschäfte am Strand Canoe in Tema protestiert. BewohnerInnen der benachbarten Tema New Town wurden bei dem Einsatz ebenfalls verletzt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Unter rechtswidrigen Zwangsräumungen versteht man Räumungen, die ohne hinreichende Ankündigung und Konsultation mit den Betroffenen, ohne rechtliche Schutzmaßnahmen und ohne die Zusicherung einer adäquaten alternativen Unterbringung vorgenommen werden.

Internationales Recht verbietet rechtswidrige Zwangsräumung, und als Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist Ghana somit verpflichtet, die Bevölkerung vor derartigen Zwangsräumungen zu schützen. Räumungen sollten nur als letztes Mittel durchgeführt werden, wenn zuvor alle anderen möglichen Alternativen in angemessenen Konsultationen mit den betroffenen Gemeinden untersucht worden sind. Vor einer Räumung müssen den Betroffenen adäquate Alternativunterkünfte und Entschädigungen für jeglichen Verlust zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus müssen die Behörden sicherstellen, dass niemand durch eine Räumung obdachlos wird. Diese Anforderungen gelten für alle Siedlungen, ungeachtet ihrer Besitzverhältnisse, auch für informelle Siedlungen. Selbst wenn Menschen unter rechtlich nicht gesicherten Wohnverhältnissen leben, dürfen die Behörden sie nicht aus ihrem Zuhause vertreiben. Die ghanaischen Behörden haben während der Vorbereitungen für den Abriss der Eisenbahnanlagen keinen Rechtsschutz oder andere Schutzmaßnahmen vor rechtswidrigen Zwangsräumungen eingerichtet. So gab es zuvor keine angemessenen Konsultationen mit den betroffenen Gemeinden, um Alternativen zur Räumung und Umsiedlungsmöglichkeiten zu untersuchen, keine hinreichende Ankündigung sowie effektiven Rechtsmittel. Die Behörden haben keine adäquaten alternativen Unterkünfte und Entschädigungen bereitgestellt. All das wird aber von internationalem Recht gefordert. Das Verkehrsministerium und die staatliche Eisenbahngesellschaft Ghana Railway Corporation haben bereits zuvor angekündigt, am 15. Oktober 2009 und am 11. November 2010 Siedlungen entlang der Eisenbahnschienen zu demontieren, aber diese Abrisse wurden nicht durchgeführt und die Bewohner leben immer noch dort.

Am 26. November 2010 unterzeichnete die ghanaische Regierung einen Vertrag mit einem chinesischen Unternehmen über umgerechnet 4,5 Milliarden ? für den Bau und die Erweiterung der Eisenbahninfrastruktur in Ghana. Diese "Neugestaltung" der Eisenbahnschienen erfordert laut Aussagen der Regierung den Abriss der "illegalen Einrichtungen", die in einem Umkreis von etwa 15 m von den Schienen errichtet wurden, und das Entfernen der "Landbesetzer", die dort leben.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

Ich appelliere an Sie, den geplanten Abriss der Siedlungen entlang der Eisenbahnschienen in Accra umgehend einzustellen.
Ich fordere Sie höflich auf, ein Räumungsmoratorium zu verhängen, bis alle notwendigen Schutzmaßnahmen eingeleitet worden sind, um sicherzustellen, dass die Räumungen gemäß internationalem Recht und regionalen Menschenrechtsstandards durchgeführt werden. Dazu gehört auch die Entwicklung eines Umsiedelungsplans, um den Bewohnern adäquate Alternativunterkünfte zur Verfügung zu stellen.


APPELLE AN

VERKEHRSMINISTER
Hon. Mike Hammah
Ministry of Transport
P.O. Box 251
GHANA
(korrekte Anrede: Dear Honourable Minister)
Fax: (00 233) 2168 9654
Email: poharail@yahoo.com

GESCHÄFTSFÜHRER DER STAATLICHEN EISENBAHNGESELLSCHAFT
Emmanuel Opoku
Ghana Railway Company Ltd.
P.O. Box 251
GHANA
(korrekte Anrede: Dear Chief Executive)
Fax: (00 233) 2168 9654
Email: graildeva@hotmail.com

KOPIEN AN

LEITER DER BEHÖRDE ACCRA METROPOLITAN
AUTHORITY
Hon Dr. Alfred Vanderpuije
Chief Executive
Accra Metropolitan Authority
P.O. Box GP 385, Accra
GHANA
(korrekte Anrede: Dear Honourable Chief Executive)
Fax: (00 233) 302 663 388

BOTSCHAFT DER REPUBLIK GHANA
S.E. Herrn Paul King Aryene
Stavanger Straße 17-19
10439 Berlin
Fax: 030-44674063
E-Mail: chancery@ghanaemberlin.de


BITTE SCHREIBEN SIE IHRE APPELLE MÖGLICHST SOFORT.
Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. Januar 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE SEND APPEALS IMMEDIATELY

Calling on the Minister of Transport and the Chief Executive of Accra Metropolitan Authority to immediately halt the planned demolition of structures along the railway lines in Accra.
Urging them to adopt a moratorium on all evictions until all necessary safeguards are put in place to ensure that evictions are carried out in accordance with international and regional human rights standards, including the development of a resettlement plan to provide adequate alternative housing to residents.

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Quelle:
ai - Urgend Action, Nr: UA-251/2010, AI-Index: AFR 28/006/2010, 9. Dezember 2010 - fp
-Pressemitteilung vom . November 2010
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2010