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AKTION/428: ai-Menschenrechtspreis geht an Organisation WOZA aus Simbabwe


Pressemitteilung vom 28. April 2008

Fünfter ai-Menschenrechtspreis geht an Organisation WOZA aus Simbabwe


Berlin, 28. April 2008 - Die Menschenrechtsorganisation "Women/Men of Zimbabwe Arise" (WOZA) aus Simbabwe ist Trägerin des 5. ai-Menschenrechtspreises. Zur Preisverleihung im Rahmen eines Festaktes am 16. November im Berliner Ensemble werden Vertreterinnen von WOZA, darunter die Mitbegründerin und Koordinatorin der Organisation, Jenni Williams, erwartet.

WOZA wurde 2003 gegründet, um Frauen eine Stimme zu geben und ihnen zu helfen, für ihre Rechte und Freiheiten einzutreten. WOZA kämpft mit rein friedlichen Mitteln u.a. für bessere Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten, gegen die Massenvertreibungen aus städtischen Slums und die Gesetzgebung der Mugabe-Regierung, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit erheblich einschränkt.

ai setzt sich seit Jahren für die Mitglieder von WOZA ein. "Ich bin heute noch am Leben, weil die internationale Gemeinschaft durch amnesty international und die Medien von unserer Arbeit erfahren hat!", sagt Williams.

Zur Zeit ist die Situation auch für Menschenrechtsaktivisten besonders kritisch. Insbesondere seitdem die Oppositionspartei MDC am 15. April zum Generalstreik aufgerufen hat, nimmt die politische Gewalt zu. Der MDC zufolge sind seit den Wahlen am 29. März zehn Oppositionsanhänger getötet und 400 festgenommen worden. 500 Menschen sollen misshandelt worden sein.

"Die WOZA-Frauen zeichnen sich durch besonders entschlossenes und mutiges Handeln aus", begründete ai-Generalsekretärin Barbara Lochbihler die Preisverleihung. "Sie protestieren, singen und verteilen Rosen im Angesicht der Schlagstöcke. Viele von ihnen wurden schon dutzende Male verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Und sie werden immer mehr. Simbabwe braucht solches Engagement für die Menschenrechte dringender denn je."

Mit dem Menschenrechtspreis zeichnet die deutsche ai-Sektion Persönlichkeiten und Organisationen aus, die sich unter oftmals schwierigen Bedingungen für die Menschenrechte einsetzen. Ziel des Preises ist es, das Engagement dieser Menschen zu würdigen, sie zu unterstützen und ihre Arbeit auch in der deutschen Öffentlichkeit bekannt zu machen.


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Simbabwe braucht Menschenrechtsschutz, dringender denn je!

amnesty international verleiht 5. ai-Menschenrechtspreis an die Organisation WOZA


Nur zu gut kennen die Mitglieder von Women and Men of Zimbabwe Arise (WOZA) die Polizeiwachen und Gefängnisse von Simbabwe. Die Mitbegründerin und Koordinatorin der Organisation, Jenni Williams, ist in den letzten fünf Jahren mehr als 15 Mal inhaftiert worden. Der Grund: Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Organisation engagiert sich Williams unermüdlich für die Menschenrechte in Simbabwe. Die deutsche Sektion von amnesty international (ai) zeichnet Jenni Williams und WOZA mit dem 5. ai-Menschenrechtspreis aus. Die feierliche Preisverleihung findet am 16. November 2008 im Berliner Ensemble statt.

Mit dem Menschenrechtspreis zeichnet die deutsche ai-Sektion Persönlichkeiten und Organisationen aus, die sich unter oftmals schwierigen Bedingungen für die Menschenrechte einsetzen. Ziel des Preises ist es, das Engagement dieser Menschen zu würdigen, sie zu unterstützen und ihre Arbeit auch in der deutschen Öffentlichkeit bekannt zu machen. ai setzt sich seit Jahren für die Mitglieder von WOZA ein. "Ich bin heute noch am Leben, weil die internationale Gemeinschaft durch amnesty international und die Medien von unserer Arbeit erfahren hat", sagt Williams.

WOZA kämpft ausschließlich mit friedlichen Mitteln für eine Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Situation in Simbabwe und gegen die repressiven Gesetze der Regierung von Präsident Robert Mugabe. Seit der Gründung 2003 hat sich die Organisation mit inzwischen mehr als 35.000 Mitgliedern zur größten Grassroot-Bewegung im Land entwickelt. Einmal im Monat gehen die Frauen und Männer von WOZA auf die Straße, sie protestieren, singen, beten und verteilen Blumen an Passanten. Das reicht schon, um die Polizei auf den Plan zu rufen. Im Oktober beispielsweise wurden 200 WOZA-Mitglieder in Bulawayo festgenommen, als sie friedlich gegen die geplanten Verfassungsänderungen demonstrierten. Im November 2007 nahmen Beamte 98 Personen vorübergehend fest, die an einem friedlichen Protestmarsch zum Parlament in Harare teilnahmen. Die Anklage lautete: "Teilnahme an einer öffentlichen Versammlung in der Absicht, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören". Die Demonstranten hatten ein Ende der Gewalt und Repression in Simbabwe gefordert.

Seit 2002 hat die Regierung von Robert Mugabe die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Simbabwe stark eingeschränkt und geht brutal gegen Regierungskritiker vor. Immer wieder werden Menschen festgenommen, weil sie sich an friedlichen Protestveranstaltungen beteiligen oder auch nur versuchen, daran teilzunehmen. Insbesondere Menschenrechtsaktivisten sind ständigen Bedrohungen, Übergriffen und Schikanen durch Polizei und Behörden ausgesetzt.

Um die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern zu behindern, kann die Polizei auf eine Reihe repressiver Gesetze wie das Public Order and Security Act (POSA) und den Miscellaneous Offences Act zurückgreifen. Beide Gesetze dienen vor allem dazu, Treffen oder friedliche Protestkundgebungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Oppositionsanhängern zu verhindern. Darüber hinaus beschneiden auch das Gesetz über Informationsfreiheit und Schutz der Privatsphäre sowie das Rundfunk- und Fernsehgesetz das Recht auf freie Meinungsäußerung. Im Juli 2006 leitete die Regierung dem Parlament einen Gesetzentwurf zur Überwachung des elektronischen Datenverkehrs zu. Diese Novelle soll die Überwachung von Telekommunikationsnetzen und Mailkorrespondenz erlauben.

In Folge der wachsenden Armut hat sich die Menschenrechtssituation in Simbabwe weiter zugespitzt. Nach offiziellen Angaben lag die Inflationsrate in Simbabwe Anfang 2008 bei mehr als 25.000 Prozent. Die Preise von Waren des täglichen Bedarfs und für Grundnahrungsmittel sind teilweise um mehr als 100.000 Prozent gestiegen und für arme Bevölkerungsgruppen praktisch unbezahlbar. Humanitäre Hilfsbemühungen der Vereinten Nationen sowie einheimischer und internationaler Nichtregierungsorganisationen behinderte die Regierung Mugabes massiv. Besonders betroffen sind Frauen, weil diese meistens nicht nur für ihre eigenen Kinder, sondern auch für die rund eine Million Aids-Waisen sorgen. Frauen, die um die Zuteilung von subventioniertem Mais bitten, werden immer wieder abgewiesen, weil sie als Regierungskritiker gelten oder kein Parteibuch der Regierungspartei vorweisen können. Verschlechtert hat sich die Situation Tausender Simbabwer nicht zuletzt durch die "Säuberungskampagne" Operation Murambatsvina (Beseitigung von Abfall) gegen die Bewohner und Händler in den Armenvierteln der Städte im Mai 2005. Die Regierung Mugabe ließ Behausungen und Verkaufsstände in Brand setzen, ganze Stadtviertel niederwalzen. Die Bewohner wurden vertrieben, verloren ihre Habe, ihre Waren wurden zerstört oder beschlagnahmt. Tausende Menschen wurden inhaftiert und misshandelt. Laut Regierung diente Murambatsvina dem Kampf gegen Kriminalität, Schwarzhandel und mangelnde Hygiene. Internationale Beobachter und die Opposition in Simbabwe sehen darin jedoch eine politisch motivierte Umsiedlungsaktion. Insgesamt wurden im Zuge von Murambatsvina rund 700.000 Simbabwer obdachlos und verloren die Grundlage für ihren Lebensunterhalt. Hunderttausende der obdachlos gewordenen Menschen haben wenig Chancen, neu errichtete Häuser zu beziehen, weil die Preise für die meisten Simbabwer unerschwinglich sind und mindestens 20 Prozent der Neubauten Polizeibeamten, Soldaten und Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltungen vorbehalten sind. Darüber hinaus kommt es weiterhin zu Zwangsvertreibungen - oft von Orten, an denen die durch die Operation Murambatsvina obdachlos gewordenen Menschen ein neues Zuhause gefunden hatten.



Übergriffe gegen WOZA-Aktivistinnen 2007/ 2008

WOZA-Mitglieder werden immer wieder verhaftet. Die beiden führenden WOZA-Mitglieder Jenni Williams und Magodonga Mahlangu wurden 2007 mehrmals festgenommen und von Polizeiangehörigen bedroht. Auch Morddrohungen wurden gegen sie ausgesprochen.

Am 6. Juni 2007 wurden in Bulawayo sieben WOZA-Mitglieder festgenommen, nachdem sie an einem friedlichen Protest teilgenommen hatten. Aus Solidarität mit ihnen gingen Jenni Williams und Magodonga Mahlangu zur Polizeiwache, wo man sie ebenfalls in Haft nahm. Die beiden Frauen wurden nach den Bestimmungen des 2005 erlassenen Gesetzes Criminal Codification Act unter Anklage gestellt, aber am 9. Juni gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Auch in anderen Landesteilen wie Mutare, Masvingo und Filabusi wurden WOZA-Mitglieder in Haft genommen.

Am 1. Oktober 2007 wurden in Bulawayo etwa 200 WOZA-Mitglieder festgenommen, die bei einem gewaltfreien Marsch gegen einige unsystematische und stückweise Änderungen der Verfassung protestiert hatten. Später wurden sie ohne Anklageerhebung freigelassen. Am 15. Oktober 2007 wurden 58 WOZA-Mitglieder, die vor dem Parlament in Harare friedlich demonstrierten, festgenommen und im Polizeipräsidium neun Stunden lang festgehalten. Auch sie wurden ohne Anklage wieder entlassen.

Am 6. November 2007 nahm die Polizei in Harare 98 WOZA-Mitglieder fest, die sich an einem friedlichen Protestmarsch gegen Gewalt beteiligten und die Abschaffung repressiver gesetzlicher Bestimmungen wie des Gesetzes über öffentliche Ordnung und Sicherheit forderten. Eine Sondereinheit der Polizei nahm sie vor dem Parlament fest und brachte sie zum Polizeipräsidium. Sieben Stunden später ließ man sie ohne Anklage wieder frei.

Nach Informationen auf der WOZA-Website kam es im März 2008 anlässlich eines Protestmarsches zum Internationalen Frauentag zu Übergriffen gegen WOZA Aktivistinnen. Die Sicherheitskräfte gingen gewaltsam gegen die Demonstrantinnen vor. Weiterhin soll es zur kurzzeitigen Festnahme von acht WOZA-Mitgliedern gekommen sein, als diese Plakate ihrer im Vorfeld der Wahlen begonnenen Kampagne "Stand up for your Child" getragen haben.


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amnesty international ist eine von Regierungen, politischen Parteien, Ideologien, Wirtschaftsinteressen und Religionen unabhängige Menschenrechtsorganisation. ai kämpft seit 1961 mit Aktionen, Appellbriefen und Dokumentationen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. Die Organisation hat weltweit 2,2 Millionen Unterstützer. 1977 erhielt ai den Friedensnobelpreis.


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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 28. April 2008
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2008