Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1694: Urgent Action - Iran, zwei Lehrer hingerichtet


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-137/2012-5, AI-Index: MDE 13/008/2014, Datum: 14. Februar 2014 - bs

Iran
Zwei Lehrer hingerichtet



Hingerichtet:
HADI RASHEDI (auch: RASHIDI), Lehrer
HASHEM SHA'BANI AMOURI, Lehrer

Ebenfalls zum Tode verurteilt:
MOHAMMAD ALI AMOURI, Blogger
SAYED JABER ALBOSHOKA
SAYED MOKHTAR ALBOSHOKA, Bruder von S. J. Alboshoka

Die beiden zum Tode verurteilten Lehrer Hadi Rashedi und Hashem Sha'bani Amouri, beide Angehörige der Ahwazi, wurden Ende Januar unter Geheimhaltung hingerichtet. Amnesty International befürchtet nun, dass drei weitere Angehörige der arabischen Minderheit in unmittelbarer Gefahr sind, hingerichtet zu werden.

Am 29. Januar rief ein Vertreter des Geheimdienstministeriums bei den Familien von Hadi Rashedi und Hashem Sha'bani Amouri an und teilte ihnen mit, die beiden Männer seien wenige Tage zuvor hingerichtet worden. Sie seien begraben worden, den Ort werde man jedoch geheim halten. Der Ministeriumsangehörige sagte den Familien, eine öffentliche Gedenkveranstaltung sei ihnen untersagt, und sie hätten eine Frist von 24 Stunden, innerhalb derer sie eine private Zeremonie abhalten könnten. Die Leichname der Hingerichteten könnten in unmarkierten Gräbern der drei Friedhöfe in der Provinz Khuzestan begraben worden sein, die unter der Bezeichnung "La'nat Abad" (Platz der Verdammten) bekannt sind und auf denen hingerichtete politische Gefangene beerdigt werden. Der Mitarbeiter des Geheimdienstministeriums hat die Familien davor gewarnt, mit Menschenrechtsorganisationen zu sprechen, ansonsten drohten ihnen rechtliche Konsequenzen.

Hadi Rashedi und Hashem Sha'bani Amouri wurden am 7. Dezember 2013 aus dem Karoun-Gefängnis in Ahvaz in der Provinz Khuzestan an einen unbekannten Ort verlegt. Dadurch stand zu befürchten, dass sie in unmittelbarer Gefahr waren, hingerichtet zu werden. Die beiden Männer waren Anfang 2011 zusammen mit Mohammad Ali Amouri, Sayed Jaber Alboshoka und dessen Bruder Sayed Mokhtar Alboshoka festgenommen worden. Offenbar stand die Festnahme der Männer im Zusammenhang mit ihrem Engagement für die Ahwazi, eine arabische Minderheit im Iran. Am 7. Juli 2012 verurteilte die Abteilung 2 des Revolutionsgerichts von Ahvaz die fünf Männer zum Tode. Man hatte sie nach einem unfairen Verfahren unter anderem wegen "Feindschaft zu Gott und Verdorbenheit auf Erden", der "Verabredung zu einer Straftat gegen die nationale Sicherheit" und der "Verbreitung von Propaganda gegen das System" für schuldig befunden. In den ersten neun Monaten ihrer Haft wurde den Gefangenen der Kontakt zu ihren Rechtsbeiständen und Familien verweigert. Sie sollen vor und nach dem Urteil gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein.

Mohammad Ali Amouri, Sayed Jaber Alboshoka und Sayed Mokhtar Alboshoka befinden sich nach wie vor im Karoun-Gefängnis, wo sie einmal wöchentlich von ihren Familien besucht werden dürfen. Sie sind weiterhin in Gefahr hingerichtet zu werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die fünf Männer sind Mitglieder oder Gründer des Kulturinstituts Al-Hivwar, das während der früheren Regierung unter Präsident Khatami eingetragen wurde und in der südwestlich gelegenen Stadt Ramshir Veranstaltungen in arabischer Sprache wie Konferenzen, Bildungs- und Kunstunterricht und Gedichtvorträge organisiert. Das Institut wurde im Mai 2005 verboten und viele der Mitglieder sind seither festgenommen worden.

Alle fünf Männer wurden im Frühjahr 2011 im Vorfeld des sechsten Jahrestages der großen Proteste der Ahwazi-Araber im April 2005 bei sich zuhause festgenommen. Sie hatten anschließend Monate lang keinen Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen. Mohammad Ali Amouri wurde 20 Tage nach seiner Rückführung aus dem Irak festgenommen, wohin er im Dezember 2007 geflüchtet war. Er durfte während der ersten neun Monate seiner Haft keinen Familienbesuch erhalten und soll gefoltert und in anderer Weise misshandelt worden sein. Hadi Rashedi wurde nach seiner Festnahme ins Krankenhaus gebracht, dem Anschein nach, weil er gefoltert und anderweitig misshandelt wurde. Er soll bei schlechter Gesundheit sein. Angehörige von Sayed Jaber Alboshoka berichteten, dass ihm in Haft der Kiefer gebrochen und Zähne ausgeschlagen wurden und dass Sayed Mokhtar Alboshoka in Folge von Folter und anderer Misshandlung an Depressionen und Gedächtnisverlust leidet. Hashem Sha'bani Amouri soll mit kochendem Wasser übergossen worden sein.

Im Januar 2013 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Todesurteile gegen die fünf Männer. Die Gefangenen traten aus Protest gegen diese Gerichtsentscheidung im März 2013 in einen Hungerstreik. Sie protestieren so gleichzeitig auch dagegen, dass man sie im Karoun-Gefängnis folterte und anderweitig misshandelte und dass die Gefängnisbehörden ihnen die medizinische Behandlung verweigerten. Ihr Hungerstreik dauerte 28 Tage. Alle fünf Männer wurden im August 2013 an einen unbekannten Ort verlegt, wo man sie zwischen einer und fünf Wochen festhielt.


SCHREIBEN SIE BITTE

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS UND TWITTERNACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie, die Leichname von Hadi Rashedi und Hashem Sha'bani Amouri an ihre Familien zu übergeben.
  • Zudem bitte ich Sie eindringlich, die gegen Mohammad Ali Amouri, Sayed Jaber Alboshoka und Sayed Mokhtar Alboshoka verhängten Todesurteile nicht zu vollstrecken. Bitte wandeln Sie alle Todesurteile um und leiten Sie neue Prozesse in die Wege, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen die Todesstrafe ausgeschlossen wird.
  • Gehen Sie bitte den Foltervorwürfen nach und stellen Sie sicher, dass "Geständnisse", die unter Folter oder anderen Misshandlungen erzwungen worden sein könnten, nicht vor Gericht verwendet werden.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die Männer vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt werden. Stellen Sie bitte zudem sicher, dass ihre Familienangehörigen sie wieder besuchen können und sie kontinuierlich Zugang zu ihren Rechtsbeiständen erhalten.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid Keshvar Doust Street, Tehran,
IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[c/o] Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@dadiran.ir (Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani)


KOPIEN AN

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street, Pasteur Square
Tehran, IRAN
E-Mail: media@rouhani.ir
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) und @Rouhani_ir (Persisch)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de oder info@iranbotschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 28. März 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-137/2012 (MDE 13/029/2012, 18. Mai 2012, MDE 13/049/2012, 19. Juli 2012, MDE 13/004/2013, 22. Januar 2013, MDE 13/014/2013, 26. März 2013 und MDE 13/053/2013, 9. Dezember 2013).


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to give the bodies of Hadi Rashedi and Hashem Sha'bani Amouri to their families, not to execute the other three men and order retrials for them, in proceedings in line with international fair trial standards and without recourse to the death penalty.
  • Urging them to investigate the allegations that the men were tortured or otherwise ill-treated and disallow as evidence in court any "confessions" that may have been obtained under torture.
  • Calling on them to ensure the men are protected from torture and other ill-treatment, are granted all necessary medical treatment and are allowed regular contact with their lawyers and families.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Hashem Sha'bani Amouri und Hadi Rashedi waren am 13. Dezember 2011 in einer Sendung des staatlichen englischsprachigen Fernsehsenders des Iran, Press TV, zu sehen. Hashem Sha'bani Amouri erklärte darin, er sei "Mitglied des 'Volkswiderstands' (al-Moghavema al-Sha'bia)", der seinen Aussagen zufolge Verbindungen zu den ehemaligen irakischen und libyschen Führern Saddam Hussein und Mu'ammar al-Gaddafi gehabt haben soll. Hadi Rashedi wurde als "Anführer der militärischen Seite von al-Moghavema al-Sha'bia" vorgestellt. Er gab an, er sei an einem Anschlag auf ein Gebäude beteiligt gewesen, in dem sich vier RegierungsbeamtInnen aufgehalten hatten.

Vier weitere Ahwazi-Araber, Ghazi Abbasi, Abdul-Reza Amir-Khanafereh, Abdul-Amir Mojaddami und Jasim Moghaddam Payam, wurden im November oder Dezember 2013 hingerichtet, nachdem sie am 3. November aus dem Karoun-Gefängnis in der südwestlichen Provinz Khuzestan an einen unbekannten Ort gebracht worden. Amnesty International geht zudem davon aus, dass die Familien weder vor noch nach den Exekutionen über den genauen Tag der Hinrichtungen unterrichtet wurden. Die Leichname der Hingerichteten wurden den Familien auch nicht zur Bestattung übergeben. Der Rechtsbeistand einer der Männer berichtete, dass auch er nicht über die Hinrichtung seines Mandanten informiert worden war. Nach iranischem Recht müssen Rechtsbeistände 48 Stunden vor der Hinrichtung eines Mandanten informiert werden.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-137/2012-5, AI-Index: MDE 13/008/2014, Datum: 14. Februar 2014 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2014