Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1640: Urgent Action - Irak, willkürliche Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-311/2013, AI-Index: MDE 14/018/2013, Datum: 14. November 2013 - ar

Irak
Willkürliche Haft



SHAWQI AHMAD 'OMAR, US-amerikanischer und jordanischer Staatsbürger

Shawqi Ahmad 'Omar befindet sich seit 2004 im Irak in Haft und muss unverzüglich freigelassen werden, da er seine Haftstrafe bereits verbüßt hat. Er wurde im Oktober 2004 im Irak festgenommen und 2010 zu einer Gefängnisstrafe von 15 Jahren Haft verurteilt, die später auf sieben Jahre reduziert wurde. Somit hätte er bereits 2011 freigelassen werden müssen.

Ende Oktober 2004 wurden Shawqi Ahmad 'Omar und seine schwangere Frau Narmeen Saleh al-Ruba'i im Haus seines Onkels im Bagdader Stadtteil Zaiyouna von Angehörigen der Multi-National Force (MNF) der USA festgenommen. Man brachte sie daraufhin in die Hafteinrichtung Camp Na'ma nahe des Flughafens Bagdad und warf ihnen terroristische Aktivitäten vor. Narmeen Saleh al-Ruba'i wurde nach 16 Tagen freigelassen und floh später aus dem Irak. Shawqi Ahmad 'Omar wurde bis 2010 ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten, dann wurde sein Fall dem irakischen Strafgericht übergeben. Am 24. Juni 2010 wurde er unter der Anklage der illegalen Einreise in den Irak zu 15 Jahren Haft verurteilt. Shawqi Ahmad 'Omar zufolge war dieser Vorwurf ihm gegenüber zuvor nie erwähnt worden, und er geht davon aus, dass es sich um eine Personenverwechslung handelt, da er unter dem Namen eines Palästinensers, Shawqi Ahmad Sharif, verurteilt wurde. Im Februar 2011 reduzierte das Kassationsgericht seine Haftstrafe im Berufungsverfahren auf sieben Jahre. Am 15. Juli 2011 wurde er den irakischen Behörden übergeben, durfte sich jedoch erst im Dezember 2012 mit seinem derzeitigen Rechtsbeistand treffen. Ein Mitangeklagter von Shawqi Ahmad 'Omar gab nach seiner Entlassung in einer eidesstattlichen Erklärung an, dass die MNF ihn gefoltert habe, um eine Aussage gegen Shawqi Ahmad 'Omar zu erzwingen, obwohl er diesen gar nicht kannte. Als Gegenleistung habe man ihm die Freilassung versprochen. Shawqi Ahmad 'Omar hätte bereits 2011 entlassen werden sollen, da gemäß Paragraf 295 der irakischen Strafprozessordnung die in Untersuchungshaft verbrachte Zeit auf die Haftstrafe anzurechnen ist.

Narmeen Saleh al-Ruba'i hat berichtet, dass sie und ihr Mann während der Vernehmung durch die MNF mit Elektroschocks gefoltert wurden. Shawqi Ahmad 'Omar wurde in diversen Hafteinrichtungen weiter gefoltert und misshandelt. Er war in der Vergangenheit im Gefängnis al-Karkh (ehemals Camp Cropper) festgehalten worden, allerdings hat seine Familie seit sechs Wochen keinen Telefonkontakt mehr zu ihm und hat nun vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz erfahren, dass er in das Abu-Ghraib-Gefängnis verlegt worden ist. Shawqi Ahmad 'Omar war vom 4. Februar bis August 2013 in den Hungerstreik getreten, um gegen seine anhaltende Inhaftierung und seine Verurteilung aufgrund einer Personenverwechslung zu protestieren. Er ist deshalb bei schlechter Gesundheit.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Shawqi Ahmad 'Omar wurde als Sohn palästinensischer Eltern in Kuwait geboren und besitzt die jordanische Staatsangehörigkeit. 1970 kam er in die USA und wurde eingebürgert. Er war Mitglied der Nationalgarde in Minnesota. Familienangehörigen zufolge kam Shawqi Ahmad 'Omar am 3. Juni 2004 mit seiner Frau in den Irak, um im Baugewerbe zu arbeiten. Die Familie beantragte die Aussetzung seiner Übergabe an die irakischen Behörden durch die Multi-National Force (MNF) in der Hoffnung, ein Verfahren vor einem irakischen Gericht abwenden zu können. Im Juni 2008 entschied der Oberste Gerichtshof der USA, dass Shawqi Ahmad 'Omar und andere Gefangenen ihre Haft vor einem US-Gericht anfechten können. Shawqi Ahmad 'Omar verlor das Verfahren vor dem Berufungsgericht von Columbia und wurde am 15. Juli 2011 an die irakischen Behörden übergeben.

Irak ist seit Langem Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, der Folter streng untersagt (Artikel 7). 2011 trat der Irak dem Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe bei. Auch in der irakischen Verfassung (Artikel 37, Abs. 1c) und den irakischen Gesetzen ist Folter verboten. Angeklagte berichten häufig, dass sie in der Untersuchungshaft - oftmals in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt - mittels Folter zu einem "Geständnis" gezwungen worden sind.

Folter und andere Misshandlungen sind im Irak insbesondere in den vom Innen- und Verteidigungsministerium kontrollierten Gefängnissen und Haftzentren an der Tagesordnung. Die Verantwortlichen gehen dabei straffrei aus. Zu den üblichen Foltermethoden zählen das Aufhängen an Armen oder Beinen über lange Zeiträume hinweg, Schläge mit Kabeln und Schläuchen, Elektroschocks und das Brechen von Armen oder Beinen. Häftlinge berichteten auch davon, mit Plastiktüten fast erstickt sowie sexuell missbraucht oder mit Vergewaltigung bedroht worden zu sein. Mit der Folter will man von den Gefangenen Informationen und "Geständnisse" erzwingen, die vor Gericht als Beweismittel gegen sie verwendet werden können.

Nach dem Bekanntwerden von Missbrauch in Abu Ghraib im April 2004 haben die US-Behörden neue Maßnahmen ergriffen, um Gefangene besser gegen Folter und andere Misshandlungen vonseiten der US-amerikanischen Sicherheitskräfte zu schützen. Dennoch wurde während der Präsenz der US-Truppen im Irak weiterhin über Misshandlung von Gefangenen berichtet.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Bitte geben Sie Informationen über den Rechtsstatus von Shawqi Ahmad 'Omar und die Gründe für seine anhaltende Inhaftierung bekannt.
  • Ich bitte Sie dringend, ihn gemäß Paragraf 295 der irakischen Strafprozessordnung unverzüglich freizulassen, da er seine Haftstrafe bereits verbüßt hat.
  • Bitte sorgen Sie in der Zwischenzeit dafür, dass er umgehend regelmäßigen Zugang zu seinem Rechtsbeistand, seiner Familie und jeglicher benötigter medizinischer Versorgung erhält.
  • Bitte schützen Sie ihn vor Folter und anderer Misshandlung, leiten Sie eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Foltervorwürfe ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

APPELLE AN

MINISTERPRÄSIDENT
His Excellency Nuri Kamil al-Maliki
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad, IRAK
(Anrede: Your Excellency / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
E-Mail: info@pmo.iq

JUSTIZMINISTER
Hassan al-Shammari
Ministry of Justice, Baghdad, IRAK
(Anrede: Your Excellency / Sehr geehrter Herr Justizminister)
E-Mail: über die arabische Internetseite:
http://www.moj.gov.iq/complaints.php


KOPIEN AN

MINISTER FÜR MENSCHENRECHTE
His Excellency Mohammad Shayaa al-Sudani
Ministry of Human Rights
Baghdad
IRAK
E-Mail: shakawa@humanrights.gov.iq

BOTSCHAFT DER REPUBLIK IRAK
S. E. Herrn
Hussain Mahmood Fadhlalla Alkhateeb
Pacelliallee 19-21
14195 Berlin
Fax: 030-8148 8222
E-Mail: info@iraqiembassy-berlin.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. Dezember 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the Iraqi authorities to clarify the legal status of Shawqi Ahmad 'Omar and the reason for his continued detention.
  • Calling on them to release him immediately in accordance with Article 295 of the Iraqi Criminal Procedure Code as he has already served his sentence.
  • Urging the authorities that in the meantime he is given immediate access to his lawyer and regular family visits as well as any medical care he may need.
  • Urging them to protect him from torture or other ill-treatment and that an independent and impartial investigation into his allegations of torture be set up and those found responsible be brought to justice.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-311/2013, AI-Index: MDE 14/018/2013, Datum: 14. November 2013 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. November 2013