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AKTION/1599: Urgent Action - Iran, Ahwazi-araber droht unmittelbar die Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-280/2013, AI-Index: MDE 13/040/2013, Datum: 4. Oktober 2013 - mr

Iran
Ahwazi-araber droht unmittelbar die Hinrichtung



Drohende Hinrichtung:
GHAZI ABBASI

Ebenfalls im Todestrakt:
ABDUL-REZA AMIR-KHANAFEREH
ABDUL-AMIR MOJADDAMI
JASIM MOGHADDAM PAYAM

Amnesty International befürchtet, dass Ghazi Abbasi, ein Angehöriger der arabischen Minderheit der Ahwazi im Iran unmittelbar hingerichtet werden soll, da er in Einzelhaft verlegt worden ist. Er soll während der Haft gefoltert oder in anderer Weise misshandelt worden sein.

Am 27. September 2013 wurde der zum Tode verurteilte Ahwazi-Araber, Ghazi Abbasi, von seiner Zelle in eine Einzelzelle im Karoun-Gefängnis in Khuzestan verlegt. Ihm droht daher unmittelbar die Hinrichtung, da TodeskandidatInnen im Iran normalerweise kurz vor der Hinrichtung in Einzelhaft gebracht werden.

Ghazi Abbasi wurde zusammen mit drei weiteren Männern, Abdul-Reza Amir-Khanafereh, Abdul-Amir Mojaddami, und Jasim Moghaddam Payam, am 15. August 2012 von Abteilung 1 des Revolutionsgerichts in Ahwaz aufgrund der vage formulierten Anklagen "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) und "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) zum Tode verurteilt. Die Anklagen bezogen sich auf eine Reihe von Schusswechseln, die angeblich zum Tod eines Polizisten und eines Soldaten führten. Am 13. Februar 2013 hielt Abteilung 32 des Obersten Gerichtshofs die vier Todesurteile aufrecht. Die vier Männer können daher jederzeit hingerichtet werden.

Nach Aussagen der vier Männer waren sie an keinem der Schusswechsel beteiligt. Sie geben an, dass ihre "Geständnisse" durch Folter und andere Misshandlungen erzwungen wurden. Sie sollen die "Geständnisse" vor Gericht widerrufen haben. Ihre Foltervorwürfe sind bislang weder von dem Revolutionsgericht in Ahwaz noch vom Obersten Gerichtshof untersucht worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die vier Todeskandidaten wurden zusammen mit drei anderen Männern 2009 etwa zur gleichen Zeit festgenommen. Sie wurden monatelang ohne Zugang zu Rechtsbeiständen oder ihren Familien in einer Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Ahwaz in Einzelhaft gehalten.

Das Verfahren vor dem Revolutionsgericht fand hinter verschlossenen Türen statt und dauerte nicht einmal zwei Stunden. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Angeklagten eine "separatistische ethnische" Gruppe eingerichtet hatten, die "Waffen einsetzte und Schusswechsel provozierte, um Angst und Panik zu verbreiten und die öffentliche Sicherheit zu stören". Das Urteil gründete sich hauptsächlich auf die "Geständnisse" der Angeklagten, die sie während des Gerichtsverfahrens mit der Begründung widerriefen, sie seien unter Folter zustande gekommen.

Die anderen drei Männer, Shahab Abbasi, Sami Jadmavinejad und Hadi Albokhanafarnejad, wurden wegen begrenzter Beteiligung an den Schusswechseln zu drei Jahren Haft im inneriranischen Exil im Gefängnis in Ardebil im Nordwesten des Landes verurteilt. Sowohl das niederinstanzliche Gericht als auch der Oberste Gerichtshofs haben in ihren Urteilen aufgeführt, dass einige der Angeklagten ihre "Geständnisse" vor Gericht mit der Begründung widerrufen haben, sie seien unter Folter und anderen Misshandlungen erpresst worden. Doch keines der Gerichte hat daraufhin eine Untersuchung der Foltervorwürfe veranlasst.

Artikel 38 der iranischen Verfassung und Artikel 9 des Gesetzes über die Wahrung rechtmäßiger Freiheiten und den Schutz von Bürgerrechten verbieten jegliche Formen der Folter zur Erlangung von Geständnissen. Das iranische Strafgesetzbuch schreibt sogar die strafrechtliche Verfolgung von BeamtInnen vor, die zur Erzwingung von Geständnissen Folter einsetzen. Trotz all dieser verfassungsrechtlichen Sicherheiten bezüglich der Unzulässigkeit von Zeugenaussagen, Aussagen unter Eid und Geständnissen unter Zwang, akzeptieren die iranischen Gerichte solche "Geständnisse" im Allgemeinen als Beweise und strahlen sie manchmal noch vor Prozessende im Fernsehen aus. Amnesty International wendet sich ausnahmslos gegen die Anwendung der Todesstrafe, da sie eine Verletzung des Rechts auf Leben darstellt und die extremste Form einer grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Bestrafung ist. Die Organisation vertritt diese Ansicht ungeachtet der Schuldfrage, der Art des Verbrechens, der Hinrichtungsmethode oder spezifischer Eigenschaften der zum Tode verurteilten Person.


SCHREIBEN SIE BITTE

LUFTPOSTBRIEFE, TWITTERNACHRICHTEN UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, die gegen Ghazi Abbasi, Abdul-Reza Amir-Khanafereh, Abdul-Amir Mojaddami, und Jasim Moghaddam Payam verhängten Todesurteile nicht zu vollstrecken. Bitte leiten Sie neue Gerichtsverfahren in die Wege, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen die Todesstrafe ausgeschlossen wird. Bitte wandeln Sie zudem alle im Iran verhängten Todesurteile in Haftstrafen um.
  • Bitte tragen Sie Sorge dafür, dass die Folter- und Misshandlungsvorwürfe der Männer zielgerichtet untersucht werden und schließen Sie unter Folter erbrachtes Beweismaterial von Gerichtsverfahren aus.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die Männer vor weiterer Folter und anderer Misshandlung geschützt werden, sie die notwendige medizinische Versorgung erhalten und umgehend Zugang zu ihren Rechtsbeiständen und Familienangehörigen bekommen.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid
Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir "Don't execute Ghazi Abbasi. Stop executions of Ahwazi men"

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
c/o Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@dadiran.ir (Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani)


KOPIEN AN

LEITER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammed Javad Larijani
c/o Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave
South of Serah-e Jomhouri, Tehran, IRAN
(Anrede: Dear Mr Larijani / Sehr geehrter Herr Larijani)
E-Mail: larijani@ipm.ir (Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de oder info@iranbotschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Iranian authorities not to execute the four men sentenced to death (please name them) and order re-trials for all of the men in proceedings which comply with international fair trial standards and without recourse to the death penalty, and to commute all death sentences in Iran.
  • Urging the authorities to effectively investigate the allegations that the men were tortured and otherwise ill-treated and disregard as evidence in court any "confessions" that may have been obtained under torture.
  • Calling on the authorities to ensure the men are protected from torture and other ill-treatment; are granted all necessary medical treatment; and are allowed immediate and regular contact with their lawyers and families.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG AUF ENGLISCH

The Ahwazi Arab minority is one of many ethnic minorities in Iran. Much of Iran's Arab community lives in the south-western province of Khuzestan. Most are Shi'a Muslims but some are reported to have converted to Sunni Islam, heightening suspicions by the Shi'a-led government about Ahwazi Arabs. Minority members often report that they are marginalized and subject to discrimination in access to education, employment, adequate housing, political participation and cultural rights.

In his March 2013 report, Dr. Ahmed Shaheed, the United Nations Special Rapporteur on the situation of human rights in Iran, expressed concerns about the arrest, detention, and prosecutions for peaceful activities of members of the Ahwazi Arab community that called for social, economic, cultural, linguistic and environmental rights. He further raised concerns about the frequent reports of lack of due process and the use of incommunicado detention as well as torture and other ill-treatment.

The death penalty is used extensively in Iran. Officially, so far 281 executions have been acknowledged by Iranian authorities for 2013 but reliable sources have reported at least 200 additional executions during the year. Despite the release of a number of political prisoners ahead of Iran's new President Hassan Rouhani's speech at the United Nations General Assembly there have been no indications that his election in June 2013 has led to changes in Iran's reliance on the death penalty.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-280/2013, AI-Index: MDE 13/040/2013, Datum: 4. Oktober 2013 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2013