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AKTION/1594: Urgent Action - Usbekistan, Journalist in Foltergefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-262/2013, AI-Index: EUR 62/007/2013, Datum: 23. September 2013 - mv

Usbekistan
Journalist in Foltergefahr



SERGEI NAUMOV, 50-jähriger Journalist

Der unabhängige Journalist Sergei Naumov wurde in Usbekistan festgenommen und befindet sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. MenschenrechtlerInnen und KollegInnen befürchten, dass die Behörden versuchen, ihn mundtot zu machen und dass ihm Folter und andere Misshandlungen drohen.

Der 50-jährige investigative Journalist Sergei Naumov wurde am 21. September in seinem Haus in Urgench in der Region Khorezm im Nordwesten Usbekistans von PolizeibeamtInnen festgenommen. Ihm gelang es noch gegen sieben Uhr Ortszeit seine KollegInnen von der Polizeiwache aus anrufen, um sie über seine Verhaftung zu informieren. Seitdem hat niemand von ihm gehört oder ihn gesehen. Trotz zahlreicher Anfragen bei lokalen und regionalen Polizeiwachen, in Haftzentren, Untersuchungsgefängnissen und bei Staatsanwaltschaften, konnten FreundInnen und MechenschenrechtlerInnen seinen Aufenthaltsort nicht ausfindig machen. Für internationale Medien recherchiert und schreibt Sergei Naumov über Menschrechtsthemen und arbeitet mit MenschenrechtlerInnen innerhalb und außerhalb Usbekistans aktiv zusammen. FreundInnen und KollegInnen befürchten, dass die usbekischen Behörden Sergei Naumov auf Grundlage von konstruierten Anklagepunkten festhalten, um zu verhindern, dass er im Zuge der bevorstehenden diesjährigen Baumwollernte in der Region Khorezm über die Bedingungen auf den Baumwollfeldern berichtet. Usbekistan steht bei MenschenrechtaktivistInnen stark in der Kritik, während der Baumwollernte von Zwangsarbeit (inbesondere bei Kindern) Gebrauch zu machen. Sergei Naumov hat zuvor schon kritisch über die Bedingungen auf den Baumwollfeldern berichtet, und wurde von den usbekischen Behörden unter Druck gesetzt, seine Berichterstattung einzustellen. Die Behörden sind sehr darauf bedacht, dass in diesem Zusammenhang keine Beweise gefunden und der internationalen Gemeinschaft bekannt gegeben werden.

Über die Praxis Haft ohne Kontakt zur Außenwelt in Usbekistan ist schon mehrfach berichtet worden. Haft ohne Kontakt zur Außenwelt setzt die Gefangenen auch bei kürzeren Zeiträumen der Gefahr von Folter und anderen Misshandlungen aus.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit den Zwischenfällen in Andijon im Mai 2005 hat sich die Menschenrechtssituation in Usbekistan stark verschlechtert. Damals schossen Sicherheitskräfte auf eine Menschenmenge von tausenden, größtenteils unbewaffneten Protestierenden, darunter Frauen und Kinder, während diese im Stadtzentrum gegen die Regierung demonstrierten und sogar, als sie schon flohen. Das Recht auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit wird in Usbekistan zunehmend eingeschränkt. MenschenrechtlerInnen, RegierungskritikerInnen und unabhängige JournalistInnen müssen Usbekistan verlassen, um Festnahmen oder andauernder Schikane und Einschüchterung durch Sicherheitskräfte und lokale Behörden zu entkommen, und viele von ihnen sind auch im Ausland weiter der Schikane seitens der usbekischen Behörden ausgesetzt. Mindestens acht MenschenrechtlerInnen, darunter zwei unabhängige JournalistInnen, sitzen derzeit unter grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen lange Gefängnisstrafen ab.

Trotz wiederholter Zusicherungen der usbekischen Regierung, dass Folterpraktiken erheblich abgenommen haben, erhält Amnesty International weiterhin Berichte über weitverbreitete Folter und andere Misshandlungen von Inhaftierten und Gefangenen. Diesen Berichten zufolge versäumten es die Behörden in den meisten Fällen, umgehend unparteiische und effektive Untersuchungen der Anschuldigungen über Folter und andere Misshandlungen durchzuführen. Auch UN-Organe haben die Folterung und anderweitige Misshandlung von Untersuchungshäftlingen und Inhaftierten in Usbekistan dokumentiert. In diesem Zusammenhang hat der UN-Sonderberichterstatter über Folter im Jahre 2003 festgestellt, dass Folter in Usbekistan "systematisch" angewendet wird. Des Weiteren hat der UN-Ausschuss gegen Folter nach seiner regelmäßigen Überprüfung Usbekistans im Jahre 2007 festgestellt, dass Folter in Hafteinrichtungen in Usbekistan "Routine" ist und in der Regel nicht bestraft wird.

Es liegen zudem Angaben über Zwangsarbeit und grausame, unmenschliche und erniedrigende Bedingungen vor, denen die für die Baumwollernte verpflichteten Menschen, darunter auch Schulkinder, ausgesetzt sind. Die Behörden behaupten, diese Angaben seien faktisch falsch und würden von Ländern verbreitet, die auch in der Baumwollindustrie tätig sind und den globalen Baumwollmarkt manipulieren wollen. Die usbekischen Behörden haben eingewilligt, unabhängige BeobachterInnen der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labor Organization - ILO) bei der diesjährigen Baumwollernte in ganz Usbekistan Kontrollen durchzuführen zu lassen. Die BeobachterInnen der ILO werden jedoch von RegierungsbeamtInnen begleitet und MenschenrechtsaktivistInnen haben berichtet, dass die Behörden den Beteiligten an der Baumwollernte schriftliche Anweisungen darüber gegeben haben sollen, wie sie sich gegenüber den ILO-BeobachterInnen zu verhalten haben.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, umgehend das Schicksal und den Verbleib von Sergei Naumov bekannt zu geben und ihn sofort freizulassen, sofern ihm nicht eine international als Straftat anerkannte Handlung zur Last gelegt wird.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Sergei Naumov, sofern er inhaftiert ist, unverzüglich Zugang zu seiner Familie sowie einem Rechtsbeistand seiner Wahl erhält und ein Familienangehöriger oder ein dritte Person über seinen Verbleib in Kenntnis gesetzt wird.
  • Ich möchte Sie zudem hinsichtlich der Behandlung von Gefangenen an Ihre Verpflichtungen nach den internationalen Menschenrechtsnormen erinnern, darunter der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die UN-Antifolterkonvention.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Bahodir Matlubov
Ministry of Internal Affairs
ul. Junus Rajabiy 1
Tashkent 100029, USBEKISTAN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 998) 71 233 89 34
E-Mail: info@mvd.uz

GENERALSTAATSANWALT
Rashidzhon Kodirov
General Prosecutor's Office of Uzbekistan
ul. Gulyamova. 66
Tashkent 700047, USBEKISTAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
E-Mail: prokuratura@lawyer.uz


KOPIEN AN

OMBUDSFRAU
Sayora Rashidova
Uzbekistan Avenue 16?
Tashkent 100027
Uzbekistan
Fax: + 998 71 239 81 36
E-Mail: info@ombudsman.uz

BOTSCHAFT DER REPUBLIK USBEKISTAN
Perleberger Str. 62
10559 Berlin
Fax: 030-3940 9862
E-Mail: botschaft@uzbekistan.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Kirgisisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Uzbekistani authorities to immediately reveal Sergei Naumov's whereabouts, and to either charge him with a recognizably criminal offence or release him promptly.
  • Calling on the authorities to ensure that, while in custody, Sergei Naumov has immediate access to a defence lawyer of his own choice, and that his family or a third is immediately informed of his whereabouts.
  • Reminding the authorities of their obligations in relation to individuals in custody under international human rights law, including the International Covenant on Civil and Political Rights and the Convention Against Torture.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-262/2013, AI-Index: EUR 62/007/2013, Datum: 23. September 2013 - mv
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2013