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AKTION/1559: Urgent Action - Bahrain, zwei Internetaktivisten mutmaßlich gefoltert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-206/2013-1, AI-Index: MDE 11/031/2013, Datum: 9. August 2013 - mr

Bahrain
Zwei Internetaktivisten mutmaßlich gefoltert



MOHAMMAD HASSAN SUDAYF (bislang als MOHAMMAD HASSAN SAYEF bekannt),
26 Jahre alt
HUSSAIN HUBAIL (bislang als HUSSAIN HABIB bekannt), 23 Jahre alt
Seit 7.8.13 ebenfalls inhaftiert:
'ABDUL-'AZIZ MOUSSA, Anwalt von Mohammad Hassan Sudayf

Mohammad Hassan Sudayf, ein 26-jähriger Blogger und Übersetzer, und Hussain Hubail, ein 23-jähriger Fotograf, sind nach vorliegenden Informationen gefoltert oder in anderer Weise misshandelt worden. Der Anwalt von Mohammad Hassan Sudayf wurde am 7. August festgenommen, weil er auf Twitter darüber berichtet hatte, dass sein Mandant bei seinem Besuch Folterspuren aufwies. Der Anwalt gab auf Twitter auch die Anklagen bekannt, die gegen die beiden Männer erhoben worden sind. Mohammad Hassan Sudayf und Hussain Hubail (der bislang als Hussain Habib bekannt war) wurden am 3. August in das Dry-Dock-Gefängnis in der bahrainischen Hauptstadt Manama gebracht. Bei einem Besuch seiner Familie am 6. August berichtete Mohammad Hassan Sudayf seinen Angehörigen, dass man ihn im Gewahrsam der Kriminalpolizei (Criminal Investigations Directorate - CID) gefoltert habe. Er erzählte, dass er dort mit Elektroschocks misshandelt und geschlagen worden war. Man habe ihn auch gezwungen, sich ganz auszuziehen und ihm die Kleidung abgenommen. Nach vorliegenden Informationen wurde Hussain Hubail ebenfalls geschlagen.

In den frühen Morgenstunden des 7. August brachten die Behörden die beiden Männer zum Büro der Staatsanwaltschaft (Public Prosecution Office - PPO). Dort wurden sie verhört und dann beschuldigt, "Hass gegen das Regime zu schüren", "zu illegalen Versammlungen aufzurufen", "Menschen dazu anzustiften, die Gesetze nicht zu beachten" und "Mitglied der Mediengruppe 14. Februar" zu sein. Der Anwalt von Mohammad Hassan Sudayf, 'Abdul-'Aziz Moussa, schrieb später auf Twitter, dass er bei seinem Mandanten Folterspuren gesehen habe. Er gab auch die Anklagen gegen beide Männer bekannt, nannte sie namentlich und berichtete auf dem Kurznachrichtenportal über Einzelheiten ihres Verhörs. Schon einige Stunden nach der Veröffentlichung dieser Informationen auf Twitter wurde 'Abdul-'Aziz Moussa festgenommen und die Staatsanwaltschaft ordnete aufgrund des Inhalts der Tweets eine einwöchige Inhaftierung an. In den vergangenen zehn Tagen hat der König von Bahrain vier Notstandsverordnungen erlassen, die den Dissens und die freie Meinungsäußerung im Land noch weiter einschränken. Die Erlasse sind eine Maßnahme im Vorgriff auf die von bahrainischen Oppositionsgruppen für den 14. August geplanten regierungskritischen Großdemonstrationen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Mohammad Hassan Sudayf wurde am 31. Juli 2013 in den frühen Morgenstunden im Haus seiner Eltern in Sitra von SicherheitsbeamtInnen in Zivil ohne Haftbefehl festgenommen. Man brachte ihn zuerst zur Kriminalpolizei (Criminal Investigations Directorate - CID) im Stadtteil al-'Adliya in Manama, der Hauptstadt Bahrains. Hussain Hubail (bislang als Hussain Habib bekannt) wurde ebenfalls am 31. Juli am internationalen Flughafen von Bahrain festgenommen, wo er gerade an Bord eines Fluges nach Dubai gehen wollte. Er wurde zum Verhör in das Gebäude der Kriminalpolizei gebracht. Beide Männer wurden ohne Kontakt zur Außenwelt dort festgehalten.

Mehr als zwei Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft - darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Personen gekommen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäußert haben. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung unterzuordnen, als wirksame Rechtsmittel für BahrainerInnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.

Die Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry - BICI), die am 29. Juni 2011 vom König benannt wurde, ist damit beauftragt worden, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte sie höflich und mit Nachdruck auffordern, Mohammad Hassan Sudayf, Hussain Hubail und 'Abdul-'Aziz Moussa umgehend und bedingungslos freizulassen, falls diese ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung festgehalten werden.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die Vorwürfe über die Folter von Mohammad Hassan Sudayf unverzüglich untersucht werden und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.
  • Gewährleisten Sie bitte auch den Schutz der drei Männer vor Folter und anderen Misshandlungen.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior, P.O. Box 13
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P.O. Box 450, al-Manama
BAHRAIN
Fax: (00 973) 1753 1284
E-Mail: minister@justice.gov.bh
Twitter: @Khaled_Bin_Ali

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. September 2013 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Informationen zu UA-206/2013 (MDE 11/028/2013, 2. August 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling for the immediate and unconditional release of Mohammad Hassan Sudayf, Hussain Hubail and 'Abdul-'Aziz Moussa if they are being held solely for peacefully exercising their right to freedom of expression.
  • Calling for an impartial and independent investigation into the reported torture of Mohammad Hassan Sudayf and bring those responsible to account.
  • Urging that the three men are protected from torture and other ill-treatment.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Schlüsselempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und exzessive Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen.

Viele der Versprechen der Regierung sind bis heute nicht eingelöst worden. Die Einberufung der BICI und ihr Bericht wurden als bahnbrechende Initiative angesehen, doch nach 18 Monaten ist das Versprechen bedeutender Reformen von der Regierung immer noch nicht in die Tat umgesetzt worden. Die bahrainische Regierung kommt den wesentlichen Empfehlungen der BICI zur Rechenschaftslegung nicht nach. Dazu zählt ihr Versagen, unabhängige, zielgerichtete und transparente Untersuchungen der Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen sowie exzessive Gewaltanwendung durchzuführen und die Strafverfolgung all derjenigen Personen zu veranlassen, die Befehle gegeben haben, aufgrund derer Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem englischen Bericht Bahrain: Reform shelved, repression unleashed unter
http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/062/2012/en

Angesichts der aktuellen Gewaltzunahme und der geplanten Durchführung von Großdemonstrationen durch die Opposition traf sich das Parlament von Bahrain am 28. Juli zu einer außerordentlichen Sitzung und legte dem König von Bahrain, Scheich Hamad bin Isa Al Khalifah, anschließend 22 Empfehlungen vor. Diese sehen eine Verschärfung der im Antiterrorgesetz von 2006 festgelegten Strafen vor. Am 29. Juli wurden die Empfehlungen vom König gebilligt, der seinen Premierminister daraufhin anwies, ihre umgehende Umsetzung durch die Regierung zu gewährleisten. Nach Artikel 38 der Verfassung von Bahrain ist der König befugt, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen, wenn sich das Parlament in den Ferien befindet. Unter diesen Umständen bereitet die Regierung die Gesetzesänderungen vor, die dann vom König ratifiziert werden.

Am 6. August erließ der König zwei Notverordnungen. Einer dieser Erlasse ändert das Gesetze über öffentliche Versammlungen und Demonstrationen aus dem Jahre 1973 und verbietet Demonstrationen, Sitzstreiks, Protestmärsche und öffentliche Versammlungen in der Hauptstadt Manama. Das Jugendschutzgesetz wurde ebenfalls reformiert. Darin steht nun, dass die Eltern von Jugendlichen unter 16 Jahren eine schriftliche Verwarnung des Innenministeriums erhalten, wenn die Jugendlichen an Demonstrationen, öffentlichen Versammlungen oder Sitzstreiks teilnehmen. Sollte der oder die Jugendliche sechs Monate nach der Verwarnung erneut bei einer Demonstration gesehen werden, drohen dem Vater eine Geld- oder Gefängnisstrafe oder beides. Amnesty International befürchtet, dass diese drakonischen Maßnahmen dazu dienen, angesichts der für den 14. August geplanten Proteste staatliche Gewalt zu legitimieren.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-206/2013-1, AI-Index: MDE 11/031/2013, Datum: 9. August 2013 - mr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2013