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AKTION/1501: Urgent Action - Irak, Drohende Hinrichtung nach unfairem Verfahren


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-151/2013, AI-Index: MDE 14/009/2013, Datum: 11. Juni 2013 - ek

Irak
Drohende Hinrichtung nach unfairem Verfahren



Herr OSAMA JAMAL 'ABDALLAH MAHDI

Der 32-jährige Techniker Osama Jamal 'Abdallah Mahdi ist im Dezember 2011 nach einem unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt worden. Jüngsten Berichten zufolge wurde sein "Geständnis", das mutmaßlich unter Folter erzwungen wurde, als Beweislast gegen ihn verwendet. 2012 soll das Kassationsgericht das Urteil bestätigt haben. Am 26. Dezember 2011 verurteilte Abteilung 1 des Strafgerichts in Bagdad Osama Jamal 'Abdallah Mahdi, einen 32-jährigen Techniker und Vater zweier Kinder, zum Tode. Er ist auf Grundlage des Antiterrorgesetzes im Zusammenhang mit der Tötung eines irakischen Armeeoffiziers am 26. November 2008 schuldig gesprochen worden. Am 15. Januar 2010 hat man ihn an seinem Arbeitsplatz festgenommen und etwa 8 Monate lang in Einzelhaft gehalten, in denen er Berichten zufolge gefoltert und zu einem "Geständnis" gezwungen worden ist. Laut seinen Angehörigen beinhaltete die Folter Schläge mit scharfen Gegenständen, Tritte, Aufhängen an den Armen, Verletzungen durch einen Bohrer und die Verabreichung von Elektroschocks an verschiedenen Stellen seines Körpers. Eine gerichtsmedizinische Untersuchung am 14. November 2010 ergab "20 Verfärbungsflecken in unterschiedlichen Formen und Größen zwischen 1 cm x 0,5 cm bis 5 cm x 3 cm".

Osama Jamal 'Abdallah Mahdis Rechtsbeistand erzählte Amnesty International, sein Mandant habe während seiner Gerichtsverhandlung das "Geständnis" zurückgezogen mit der Begründung, dass er durch Nötigung und Folter zu seiner Aussage gezwungen wurde. Auch ein Mitangeklagter, der im selben Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, zog seine Aussage, mit der er Osama Jamal 'Abdallah Mahdi belastete, zurück. Das Gericht stellte lediglich fest, dass beide Beschuldigten die Anklagen, die gegen sie erhoben wurden, zurückwiesen, erwähnte aber weder die Foltervorwürfe noch ging es auf die gerichtsmedizinische Untersuchung Osama Jamal 'Abdallah Mahdis ein.

Das umstrittene "Geständnis", wurde dennoch als ausreichend detailliert und unterstützt durch die ursprüngliche - später aber zurückgezogene - Aussage des Mitangeklagten, vor Gericht zugelassen. Weiterhin merkte das Gericht an, dass die Zeugen, die vor Gericht aussagten, keine Augenzeugen des Mordes gewesen seien. Osama Jamal 'Abdallah Mahdi wird momentan im Zentralgefängnis in Nasseriya in der südlich des Iraks gelegenen Gouvernements Dhi Qar festgehalten. Hinrichtungen werden im Irak oft kurzfristig vollstreckt. Osama Jamal 'Abdallah Mahdi ist in akuter Gefahr, hingerichtet zu werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Irak ist weltweit eines der Länder mit den meisten Hinrichtungen. Die Regierung bekämpft damit weiterhin das hohe Maß an Gewalt durch bewaffnete Gruppierungen. Hunderte Gefangene befinden sich in Todeszellen. 2012 war im Land ein drastischer Anstieg an Hinrichtungen zu verzeichnen. Dadurch nahm der Irak 2012 Platz drei der Länder mit den meisten Hinrichtungen weltweit ein. Mindestens 129 Menschen wurden exekutiert, fast doppelt so viele wie die bekanntgewordene Zahl an Hinrichtungen im Jahr 2011. Auch in den ersten vier Monaten des Jahres 2013 sind bereits mindestens 40 Todesurteile vollstreckt worden.

Amnesty International hat zahlreiche Fälle von Gefangenen in irakischen Todeszellen dokumentiert, die aufgrund von "Geständnissen", die ihren Angaben zufolge unter Folter erzwungen wurden, terroristischer oder anderer schwerer Straftaten für schuldig befunden wurden. Dies geschah zu Zeiten, in denen sie ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand waren bzw. in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt gehalten wurden.

Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Iraq: A Decade of Abuses
(http://amnesty.org/en/library/info/MDE14/001/2013/en)
und in dem Video Iraq's lethal confession culture
(http://www.youtube.com/watch?v=kCfEnbDKp2I).


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Ich bin in großer Sorge, dass Osama Jamal 'Abdallah Mahdi in einem Verfahren zum Tode verurteilt wurden, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren nicht entsprochen hat.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass umgehend eine umfassende und unparteiliche Untersuchung der Foltervorwürfe durchgeführt wird, und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
  • Ich möchte Sie nachdrücklich bitten, ein sofortiges Hinrichtungsmoratorium zu verhängen, mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen, und alle derzeit anhängigen Todesurteile umgehend in Haftstrafen umzuwandeln.

APPELLE AN

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle an die irakische Botschaft
BOTSCHAFT DER REPUBLIK IRAK
S. E. Herrn Hussain Mahmood Fadhlalla Alkhateeb
Pacelliallee 19-21
14195 Berlin
Fax: 030-8148 8222
E-Mail: info@iraqiembassy-berlin.de


Mit der Bitte um Weiterleitung an:

PRÄSIDENT
His Excellency Jalal Talabani
President
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad
IRAK
(Anrede: Your Excellency / Sehr geehrter Herr Präsident)

MINISTER FÜR MENSCHENRECHTE
Mohammad Shayaa al-Sudani
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Bagdhad
IRAK
(Anrede: Your Excellency / Sehr geehrter Herr Minister)


KOPIEN AN

JUSTIZMINISTER
Hassan al-Shammari
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad
IRAK


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. Juli 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Osama Jamal 'Abdallah Mahdi has been sentenced to death after a trial that failed to meet international standards for fair trial.
  • Calling for his allegations of torture to be investigated promptly and thoroughly by an independent body, with anyone found responsible for abuses brought to justice.
  • Urging the Iraqi authorities to declare an official moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty, and to commute without delay all death sentences.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Seitdem die irakische Regierung die Todesstrafe 2004 wieder eingeführt hat, sind hunderte Menschen zum Tode verurteilt und mindestens 487 hingerichtet worden. Im Irak wurde die Todesstrafe in den letzten Jahren zunehmend praktiziert. Die Hilfsmission der Vereinten Nationen für Irak (United Nations Assistance Mission for Iraq - UNAMI) hatte diesbezüglich in einer Erklärung im Mai 2012 ihre Besorgnis mit den Worten zum Ausdruck gebracht, dass sie: "schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der Integrität des irakischen Strafrechtsystems, der Korruption und des Vorgehens bei Gerichtsverhandlungen, die nicht den internationalen Standards entsprechen [.]" habe. "Fehlurteile bei der Vollstreckung von Todesurteilen können nicht rückgängig gemacht werden." Im Zusammenhang mit 21 im Irak vollstreckten Hinrichtungen vergleicht der UN-Hochkommissar für Menschenrechte die Hinrichtung von Menschen in einem solchen Ausmaß mit der Verarbeitung von Tieren auf dem Schlachthof. Das Strafjustizsystem im Irak mit zahlreichen Verurteilungen auf der Grundlage von durch Folter und Misshandlungen erzwungenen Geständnissen funktioniere immer noch nicht angemessen, es zeuge von einer schwachen Justiz und Gerichtsverfahren, die internationalen Standards zuwiderlaufen.

Laut irakischem Gesetz müssen alle verhängten Todesurteile von einem weiteren gerichtlichen Gremium geprüft werden. Normalerweise werden sie automatisch an das Kassationsgericht zur Überprüfung weitergeleitet. Das Kassationsgericht trifft seine Entscheidung anhand des schriftlichen Urteils und der Gerichtsakten. Das Kassationsgericht muss die Beweislage nicht erneut prüfen, es sei denn, es ist der Meinung, dass dies erforderlich ist (Paragrafen 258 der Strafprozessordnung). Sobald ein Todesurteil vom Kassationsgericht bestätigt wurde, muss es laut Paragraf 286 der Strafprozessordnung an den Präsidenten weitergeleitet werden, der wiederrum entscheidet, ob es ratifiziert und der Verurteilte hingerichtet wird oder seine Strafe umgewandelt bzw. er begnadigt wird.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-151/2013, AI-Index: MDE 14/009/2013, Datum: 11. Juni 2013 - ek
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2013