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AKTION/1438: Urgent Action - Katar, Aktivisten nicht mehr in Isolationshaft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-071/2013-2, AI-Index: MDE 22/007/2013, Datum: 28. März 2013 - ek

Katar
Aktivisten nicht mehr in Isolationshaft



Herr MUHAMMAD ISSA AL-BAKER
Herr MANSOUR BIN RASHED AL-MATROUSHI

Die gegen zwei katarische Aktivisten verhängte Einzelhaft wurde aufgehoben. Sie dürfen nun regelmäßig Besuch von Familie und AnwältInnen empfangen. Eine Anklage steht noch aus.

Am 27. März, fünf Tage nach ihrer Festnahme, wurde die Einzelhaft von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi aufgehoben und den beiden die regelmäßige Nutzung des Gefängnistelefons gewährt. Am 26. März durften die zwei Gefangenen ihre Familien empfangen und wurden auch von Mitgliedern des nationalen Menschenrechtskomitees von Katar besucht, die Annahme oder Tätigung von Telefonaten mit der Außenwelt war ihnen zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht gestattet. Amnesty International hat inzwischen mit beiden Männern gesprochen. Sie berichten von Verbesserungen ihrer Haftbedingungen hinsichtlich medizinischer Versorgung, Mahlzeiten und Kontakt zur Außenwelt. Bisher wurde aber weder Anklage erhoben noch ein Haftbefehl erlassen. Am 23. März hatten die Behörden des zentralen Polizeipräsidiums von Doha den beiden Gefangenen mitgeteilt, dass ihre Inhaftierung ohne Anklageerhebung auf 15 Tage verlängert wurde.

Ebenfalls am 23. März wurden die Männer von der Staatsanwaltschaft verhört. Man unterrichtete sie jedoch nicht über Anklagepunkte noch über einen vorliegenden Haftbefehl. Beim Besuch einer ihrer Rechtsbeistände beim Generalstaatsanwalt und dem Justizminister hieß es, es lägen keine Anklagepunkte gegen seine Mandanten vor. Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi wurden am 22. März an einem Kontrollpunkt von Sicherheitskräften in Zivil festgenommen. Anschließend brachte man sie in das zentrale Polizeipräsidium in Doha. PolizeibeamtInnen haben den Familien von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi gegenüber zwar bestätigt, dass sich die beiden in Haft befinden, die Gründe für die Inhaftierung legten sie jedoch nicht offen. Möglicherweise gründet sich die Festnahme von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi auf einen von mehreren AktivistInnen verfassten Brief, den die beiden Männer der französischen Botschaft überbrachten. Den Behörden zufolge werden in dem auf den 3. März 2013 datierten Brief die französische Botschaft und das französische Volk bedroht, sollte Frankreich die militärische Intervention in Mali fortsetzen. Laut den AktivistInnen handelte es sich jedoch lediglich um ein Protestschreiben, in dem sie die französischen Behörden warnten, dass ein militärisches Eingreifen in Mali Hass und Gewalt nur weiter anfachen würde. Am 7. März informierte die französische Botschaft die Polizei über den Erhalt des Briefes.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Das Recht auf freie Meinungsäußerung unterliegt in Katar strikten Einschränkungen, so sieht sich die Presse häufig zur Selbstzensur gezwungen. Katar trat im Mai 2008 dem Übereinkommen zur Terrorismusbekämpfung bei, das 2004 vom Golfkooperationsrat (Gulf Cooperation Council - GCC) ausgearbeitet worden war. Das Übereinkommen stellt eine Bedrohung des Rechts auf freie Meinungsäußerung dar, da die darin enthaltenen Bestimmungen zur Kriminalisierung legitimer Aktivitäten führen können. Seit 2011 hat der Geheimdienst, der über eigene Hafteinrichtungen verfügt, bereits zahlreiche Personen inhaftiert. Einige nur deshalb, weil sie Gebrauch von ihren Rechten auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gemacht haben. Die meisten der Inhaftierten berichteten, dass sie in Haft gefoltert und anderweitig misshandelt wurden, bevor man sie angeklagt oder vor Gericht gestellt hat. Dies geschah insbesondere dann, wenn sie ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wurden. Die katarischen AktivistInnen sind in letzter Zeit beunruhigt darüber, dass sich Angehörige der Staatssicherheit bei ihren Operationen meist in Zivil kleiden, bei Festnahmen nicht ausweisen und die Häftlinge in Haftanstalten der Polizei statt in von ihnen geführten Einrichtungen festhalten. Dies scheint dazu zu dienen, die Verantwortung für die Durchführung bestimmter Festnahmen und Inhaftierungen nicht zu übernehmen und dadurch Kritik an ihrer Vorgehensweise zu vermeiden.

Der katarische Dichter Mohammed al-Ajami - auch bekannt als Mohammed Ibn al-Dheeb - war am 16. November 2011 in Doha festgenommen und der "Anstiftung zum Sturz des herrschenden Regimes" und "Beleidigung des Emirs" angeklagt worden. Er war einer Vorladung durch den Geheimdienst nachgekommen und sogleich festgenommen worden. Mohammed al-Ajami war monatelang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten worden, bevor ihm Familienbesuch gestattet wurde. Örtliche AktivistInnen gehen davon aus, dass er wegen eines Gedichts aus dem Jahr 2011 mit dem Titel "Das Jasmin-Gedicht" festgenommen wurde. Mohammed al-Ajami hatte es vor dem Hintergrund der Proteste verfasst, die im Dezember 2010 in der arabischen Welt begannen. Darin kritisiert er die Golfstaaten: "Angesicht der repressiven Elite sind wir alle Tunesier". Das Strafgericht in Doha verurteilte Mohammed al-Ajami im November 2012 zu lebenslanger Haft. Einigen BeobachterInnen war der Zugang zum Gericht nicht gestattet. Mohammed al-Ajami selbst war während der Verkündung des Strafmaßes nicht anwesend. Am 25. Februar 2013 verringerte das zuständige Berufungsgericht in Doha sein Strafmaß auf 15 Jahre Haft.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich begrüße die Verbesserungen der Haftbedingungen von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi, vor allem hinsichtlich des nun gestatteten regelmäßigen Zugangs zu ihren Familien und Rechtsbeiständen sowie zu erforderlicher medizinischen Versorgung und des Besuchs der Mitglieder des nationalen Menschenrechtskomitees von Katar.
  • Dennoch möchte ich Sie nachdrücklich bitten, Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi sofort und bedingungslos freizulassen, sofern sie nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und umgehend ein Verfahren erhalten, das den internationalen Standards für einen fairen Gerichtsprozess in vollem Umfang entspricht.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Sheikh Abdullah bin Khalid Al Thani
Ministry of the Interior
PO Box 920, Doha, KATAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 974) 4432 2927
E-Mail: info@moi.gov.qa

GENERALSTAATSANWALT
Dr Ali bin Fetais Al Marri
PO Box 705, Doha, KATAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 974) 4484 3211
E-Mail: info@pp.gov.qa


KOPIEN AN

EMIR VON KATAR
Sheikh Hamad bin Khalifa Al Thani
PO Box 923
Doha, KATAR
Fax: (00 974) 4436 1212

BOTSCHAFT DES STAATES KATAR
S.E. Herrn Abdulrahman Mohammed S. Al-Khulaifi
Hagenstr. 56
14193 Berlin
Fax: 030-8620 6150
E-Mail: Berlin@mofa.gov.qa


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. Mai 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA 071/2013 (MDE 22/006/2013, 25. März 2013, MDE 22/006/2013, 27. März 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Welcoming the improvement in Muhammad Issa al-Baker and Mansour bin Rashed al-Matroushi's detention conditions, in particular the fact that they are now being allowed regular access to family and lawyers, have access to medical attention and have been visited by the Qatari National Human Rights Committee.
  • Calling for the two men to be released without delay unless they are charged with an internationally recognizable crime and promptly tried in proceedings which fully comply with international fair trial standards.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-071/2013-2, AI-Index: MDE 22/007/2013, Datum: 28. März 2013 - ek
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2013