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AKTION/1332: Urgent Action - Iran, Gewerkschafter im Hungerstreik


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-002/2013, AI-Index: MDE 13/001/2013, Datum: 4. Januar 2013 - we

Iran
Gewerkschafter im Hungerstreik



Herr REZA SHAHABI (auch REZA SHAHABI ZAKARIA)

Der iranische Gewerkschafter Reza Shahabi ist am 17. Dezember 2012 in den Hungerstreik getreten. Der gewaltlose politische Gefangene protestiert dagegen, dass die Behörden seinen Antrag auf Haftunterbrechung zur medizinischen Behandlung wiederholt abgelehnt haben. Er verweigert sowohl die Einnahme von Medikamenten als auch die Nahrungsaufnahme. Sein Gesundheitszustand ist kritisch. Er benötigt fachärztliche Behandlung außerhalb des Gefängnisses. Reza Shahabi (auch bekannt als Reza Shahabi Zakaria) ist Schatzmeister der Gewerkschaft der Busgesellschaft im Großraum Teheran (Sherkat-e Vahed). Er wurde wegen seiner friedlichen Aktivitäten als Gewerkschafter zu sechs Jahren Haft verurteilt, die er in Abteilung 350 des Evin-Gefängnisses in Teheran ableistet. Seit dem 17. Dezember 2012 befindet er sich im Hungerstreik. Am 15. Dezember war er für medizinische Untersuchungen einschließlich eines MRTs in ein Krankenhaus gebracht worden. Noch bevor die Untersuchungen durchgeführt wurden, so Reza Shahabi, habe ihn der Wachmann, der ihn zu der Untersuchung begleiten sollte, jedoch zurück ins Gefängnis gebracht. Er soll dem Gewerkschafter mit Schlägen gedroht haben, sollte er sich widersetzen. Aus Protest gegen das Vorgehen der Behörden verweigert Reza Shahabi seit diesem Tag die Einnahme seiner Medikamente und ist zwei Tage später in den Hungerstreik getreten. Seiner Familie sagte er, dass er seinen Hungerstreik erst dann beenden werde, wenn man ihm eine Haftunterbrechung zur medizinischen Behandlung gewähre.

Reza Shahabi wurde am 23. Mai 2012 im Krankenhaus Imam Khomeini in Teheran einer Operation an der Wirbelsäule unterzogen. Obwohl der behandelnde Arzt empfohlen hatte, dass er sich für mindestens drei Monate schonen solle, wurde er schon kurz nach dem Eingriff wieder ins Evin-Gefängnis gebracht. Seitdem wurde ihm keine weitere medizinische Behandlung außerhalb des Gefängnisses gewährt. Laut eines seiner Familienangehörigen leidet Reza Shahabi an Blutdruckschwankungen, wiederkehrendem Nasenbluten und Taubheitsgefühlen in seinen rechten Fingern und Zehen. Seine Familie fürchtet, dass er ohne die erforderliche fachärztliche Behandlung eine Lähmung davontragen könnte.

Mehr Informationen zu dem Fall von Reza Shahabi finden Sie in UA-137/2010
(http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-130-2010/gewerkschafter-inhaftiert?).


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Abteilung 15 des Revolutionsgerichts in Teheran hat Reza Shahabi im April 2012 zu fünf Jahren Haft wegen "Versammlung und Verschwörung gegen die Staatssicherheit" und zu einem Jahr wegen "Verbreiten von Propaganda gegen das System" verurteilt. Zudem muss er ein Bußgeld von 70 Millionen Rial (ca. 4.340 Euro) zahlen und darf sich fünf Jahre lang nicht als Gewerkschafter engagieren. Im Juli 2012 bestätigte Abteilung 36 des Berufungsgerichts in Teheran sein Urteil. Die Gewerkschaft der MitarbeiterInnen des Buslinienverkehrs im Großraum Teheran (Sherkat-e Vahed) wurde nach der islamischen Revolution 1979 verboten. 2004 nahmen ArbeiterInnen die gewerkschaftlichen Aktivitäten wieder auf, obwohl man sie nicht offiziell anerkannte. Am 22. Dezember 2005 verhaftete die Polizei zwölf führende GewerkschafterInnen in ihren Privatwohnungen. Vier von ihnen ließ sie kurz darauf wieder frei. Weitere GewerkschafterInnen wurden am 25. Dezember 2005 festgenommen, nachdem sie in einen Streik getreten waren, um die Freilassung ihrer KollegInnen zu fordern. Hunderte weitere Personen wurden während eines erneuten Streiks im Januar 2006 festgenommen (siehe auch UA-008/2006 und UA-026/2006).

Die Festnahme von Reza Shahabi erfolgte im Juni 2010. Nach mehreren Wochen Haft ohne Kontakt zur Außenwelt konnte sich Reza Shahabi schließlich mit seiner Familie in Verbindung setzen und sie darüber informieren, dass er im Evin-Gefängnis in Teheran festgehalten wird. Im September 2010, nachdem die Behörden mitgeteilt hatten, Reza Shahabi könne gegen Kaution freikommen, zahlte seine Familie die geforderte Summe von 600 Millionen Rial (umgerechnet rund 37.000 Euro). Daraufhin verlangten die Behörden jedoch abermals umgerechnet 77.000 Euro. Aus Protest gegen die Fortdauer seiner Haft trat Reza Shahabi am 4. Dezember 2010 in den Hungerstreik. Sieben Tage später musste er wegen seines angegriffenen Gesundheitszustands in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Am 19. Dezember 2010 beendete Reza Shahabi schließlich seinen Hungerstreik wegen seines anhaltend schlechten Gesundheitszustandes. Am 22. November 2011 trat Reza Shahabi erneut in den Hungerstreik und beendete diesen erst nach 30 Tagen, aufgrund eines Krankenhausaufenthalts und auf Bitte seiner UnterstützerInnen und GewerkschaftskollegInnen.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE ODER TWITTERNACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, Reza Shahabi unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da es sich bei ihm um einen gewaltlosen politischen Gefangenen handelt, der sich allein aufgrund seiner friedlichen Gewerkschaftsaktivitäten in Haft befindet.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Reza Shahabi uneingeschränkten Zugang zu der fachärztlichen Behandlung außerhalb des Gefängnisses erhält, die sein Gesundheitszustand erfordert.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid
Keshvar Doust Street
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: "#Iran leader @khamenei_ir: Release Reza Shahabi"

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[c/o] Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection
Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@dadiran.ir
(Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani)


KOPIEN AN

LEITER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammad Javad Larijani
High Council for Human Rights
[c/o] Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave
South of Serah-e Jomhouri
Tehran, IRAN
(Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Larijani)
E-Mail: info@humanrights-iran.ir
(Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de oder
info@iranbotschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. Februar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to release Reza Shahabi immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience held solely for his peaceful trade union activities.
  • Urging them to ensure that Reza Shahabi is given full access to the specialized medical treatment required for his condition outside prison.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Weitere GewerkschafterInnen sind in der Vergangenheit festgenommen oder schikaniert worden, darunter Mitglieder der Gewerkschaft der Haft Tapeh Sugar Cane Company (HTSCC), die ebenfalls nicht von den Behörden anerkannt wird. Ali Nejati, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft HTSCC, wurde am 12. November 2011 festgenommen und in das Gefängnis in Dezful gebracht. Nach Ableisten einer einjährigen Haftstrafe wegen seiner friedlichen gewerkschaftlichen Aktivitäten wurde er am 24. September 2012 freigelassen. Am 20. Oktober 2012 musste er vor Abteilung Eins der Staatsanwaltschaft in Shoush in der westlichen Provinz Chuzestan zum Verhör erscheinen. Scheinbar weil er in der iranischen Provinz Kurdestan eine Rede gehalten und ein "provokatives" Volkslied gesunden hatte. Am 31. Dezember 2012 musste er abermals wegen desselben Falls vor Abteilung Vier der Staatsanwaltschaft in Sanandaj erscheinen. Die Frau von Ali Nejati, Shahnaz Nejati, die ebenfalls Mitglied des Vorstandes der HTSCC ist, wurde am 27. November 2011 von Angehörigen des Geheimministeriums in der Provinz Chuzestan festgenommen. 24 Stunden später ließ man sie wieder frei. Am 28. Oktober 2012 sprach Abteilung 102 des allgemeinen Gerichts sie von den Anklagen wegen "Verbreitung von Propaganda gegen das System", "Verbreitung von Lügen" und "Unruhestiftung in der Öffentlichkeit" frei. Im November 2012 erhielt Shahnaz Nejati eine Vorladung, in der sie aufgefordert wurde, am 15. Dezember 2012 vor Abteilung Zwei des Revolutionsgerichts in Dezful zu erscheinen. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge ist sie darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass man sie wegen "Propaganda gegen das System" anklagt.

Rasoul Bodaghi, Mitglied der Lehrergewerkschaft Teachers' Trade Association, die dem Verband Education International angeschlossen ist, wurde im September 2009 festgenommen. Man verurteilte den Mann zu sechs Jahren Haft wegen der "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und der "Versammlung Verschwörung gegen die Staatssicherheit". Im Januar 2011 bestätigte ein Berufungsgericht sein Urteil und untersagte ihm zudem für fünf Jahre sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Berichten zufolge wurde er im Mai 2010 brutal von zwei PolizeibeamtInnen geschlagen.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-002/2013, AI-Index: MDE 13/001/2013, Datum: 4. Januar 2013 - we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2013