Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1247: Urgent Action - El Salvador, Frau nach Abtreibung misshandelt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-316/2012, AI-Index: AMR 29/007/2012, Datum: 25. Oktober 2012 - jw

El Salvador
Frau nach Abtreibung misshandelt



"MERY", 27-jährige Frau (richtiger Name ist den Behörden bekannt)

"Mery", einer Frau aus Salvador, wird der Zugang zu ihrer Rechtsberatung und dringend erforderlicher medizinischer Versorgung verwehrt. Sie muss grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung und Bestrafung ertragen.

In El Salvador ist Abtreibung grundsätzlich illegal. Im Februar hatte die 27-jährige "Mery" in der achten Schwangerschaftswoche versucht, durch die Einnahme von Medikamenten einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Nachdem Sie nach der Einnahme ungewöhnliche Nebenwirkungen feststellte, machte sie sich Sorgen und begab sich in ärztliche Betreuung. Mehrere Angestellte des Krankenhauses, in dem sie sich behandeln ließ, meldeten den Vorfall der Polizei, die "Mery" sofort inhaftierte. "Mery" befand sich in einem Zustand großer Verzweiflung und Panik. Trotz ihrer physischen und seelischen Verfassung wurde sie mit Handschellen an ihre Bahre gekettet und unter polizeiliche Bewachung gestellt.

"Mery" befand sich in einer sehr heiklen psychischen Verfassung, die sich weiter verschlechterte. Am 28. August wurde sie wegen des Herbeiführens eines Schwangerschaftsabbruchs zu zwei Jahren Haft verurteilt. Der Richter bestand darauf, dass "Mery" die Strafe in einem Gefängnis verbüßt. Dort erhält sie nicht die psychologische Behandlung und Unterstützung, die sie dringend benötigt.

Im Zentrum für die Wiedereingliederung von Frauen in der Stadt Ilopango, im Verwaltungsbezirk San Salvador (Centro de Readaptación para Mujeres de la Ciudad de Ilopango, Departamento de San Salvador), unternahm "Mery" am 3. September einen Selbstmordversuch. Sie versuchte, sich mit einem rostigen Nagel die Pulsadern aufzuschneiden, woraufhin man sie in die psychiatrische Abteilung der Poliklinik Arce (Servicio de Psiquiatría del Hospital Policlínico Arce) verlegte. Sie muss noch immer ständig Handschellen tragen und steht ganztägig unter Bewachung. Einige BeamtInnen haben sie beleidigt und als "Mörderin" bezeichnet. "Mery" wird der Zugang zu einer Rechtsberatung und psychologischer Unterstützung verwehrt. Permanent mit Handschellen gefesselt zu sein, hat ebenfalls negative Auswirkungen auf ihre psychische Verfassung, die sich, wie auch ihr körperlicher Zustand, ständig verschlechtert. Der Fall von "Mery" und ihr richtiger Name sind den Behörden bekannt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Sexuelle und reproduktive Rechte sind in den Menschenrechten verankert, die durch internationale Menschenrechtsverträge, regionale Standards, nationale Verfassungen und weitere relevante Menschenrechtsstandards gewährleistet werden. Sexuelle und reproduktive Rechte können nur dann gewährleistet werden, wenn auch die Rechte respektiert werden, die in Zusammenhang mit der physischen und mentalen Unversehrtheit stehen. Hierzu zählen das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person, das Recht auf Schutz vor Folter, anderen Misshandlungen und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, das Recht auf Privatsphäre und Respekt vor dem Familienleben, sowie die mit der Gewissens- und Meinungsfreiheit und dem Recht auf Schutz vor Diskriminierung einhergehenden Rechte. Diese Rechte entsprechen den Grundsätzen, die den sexuellen und reproduktiven Rechten zugrunde liegen - die körperliche und geistige Unversehrtheit jedes Menschen, die Selbstbestimmung des Menschen und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung, mit dem Ziel der Gleichheit aller Menschen unabhängig von Geschlecht, ethnischer und nationaler Herkunft, sexueller Orientierung, Behinderung oder sozioökonomischem Status.

Sexuelle und reproduktive Rechte sind zwei zentrale Faktoren auf dem Weg zur Verwirklichung der Menschenrechte aller Individuen. Diese Rechte zu respektieren ist sowohl für die Wahrung der Würde des Menschen als auch für das Erreichen körperlicher, emotionaler, geistiger und sozialer Lebensqualität unerlässlich. Durch die Beachtung dieser Rechte verbessern sich die Lebensqualität und die persönlichen Beziehungen. Zudem wird durch ihre Einhaltung die Geschlechtergleichheit und stärkere Selbstbestimmung von Frauen gefördert. Alle Menschen sollten ihre sexuellen und reproduktiven Rechte frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt wahrnehmen können. Im Juni 2011 drückte die UN-Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen ihre große Sorge über die Situation in El Salvador aus. Sie mahnte an, dass die Tatenlosigkeit der Regierung hinsichtlich der Untersuchung und Strafverfolgung von Gewalt gegen Frauen, sowie hinsichtlich Entschädigungsleistungen für die Betroffenen, zu Straflosigkeit für geschlechtsspezifische Gewalt geführt hat. In ihrem Bericht forderte die Sonderberichterstatterin die Regierung zudem auf, die Gesetze zu überprüfen, die einen Schwangerschaftsabbruch selbst dann verbieten, wenn das Leben oder die Gesundheit der betroffenen Frauen bzw. Mädchen gefährdet sind, oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, LUFTPOSTBRIEFE ODER TWITTERNACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, "Mery" umgehend und bedingungslos freizulassen. Bitte sorgen Sie dafür, dass "Mery" umgehend die Handschellen abgenommen werden, sie keinen weiteren Misshandlungen ausgesetzt wird und sofort uneingeschränkten Zugang zu Rechtsberatung sowie zu psychologischer und medizinischer Behandlung erhält.
  • Sorgen Sie dafür, dass Abtreibung in allen Fällen entkriminalisiert wird.

APPELLE AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ÖFFENTLICHE SICHERHEIT

Gen. David Munguía Payés
Ministerio de Justicia y Seguridad Pública, Alameda Juan Pablo II y 17 Av. Norte
San Salvador, EL SALVADOR
(Anrede: Dear Minister / Sr Ministro / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 503) 2281 5959

DIREKTOR FÜR SOZIALE SICHERHEIT
Dr. Leonel Flores
Director General del Instituto Salvadoreño del Seguro Social
Alameda Juan Pablo II y 39 Avenida Norte, Edificio El Salvador, San Salvador, EL SALVADOR
(Anrede: Dear Dr/Estimado Dr/Sehr geehrter Herr Dr.)
Fax: (00503) 22 61 14 36
E-Mail: comunicaciones@isss.gob.sv


KOPIEN AN

BÜRGERVEREINIGUNG ZUR DEKRIMINALISIERUNG VON ABTREIBUNG MIT THERAPEUTISCHER, ETHISCHER ODER MEDIZINISCHERINDIKATION
Agrupación Ciudadana por la Despenalización del aborto terapéutico, ético y eugenésico
Fax: (00 503) 2226 0356
E-Mail: agrupacionporladespenalizacion@gmail.com

BOTSCHAFT DER REPUBLIK EL SALVADOR
I.E. Anita Cristina Escher Echeverria
Joachim-Karnatz-Allee 47
10557 Berlin
Fax: 030-20 64 66 29
E-Mail: embasal@embasalva.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. Dezember 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE SEND APPEALS IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to immediately and unconditionally release "Mery".
  • Calling on the authorities to prevent any further ill-treatment and order the immediate unfettered access by "Mery" to legal counsel, psychological and medical treatment, as well as the immediate removal of the handcuffs. Urging the authorities to decriminalise abortion in all circumstances.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-316/2012, AI-Index: AMR 29/007/2012, Datum: 25. Oktober 2012 - jw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2012