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AKTION/1062: Urgent Action - Bahrain - Menschenrechtler gegen Kaution freigelassen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-128/2012-2, AI-Index: MDE 11/036/2012, Datum: 29. Mai 2012 - mr/we

Bahrain
Menschenrechtler gegen Kaution freigelassen



NABEEL RAJAB, Leiter des Menschenrechtszentrums von Bahrain

Am 28. Mai wurde der prominente Menschenrechtler Nabeel Rajab nun doch gegen Kaution aus der Haft entlassen. Es sind jedoch im Zusammenhang mit seinem Engagement nach wie vor drei Anklagen gegen ihn anhängig, die am 17. und 24. Juni vor Gericht verhandelt werden. Auslandsreisen sind ihm untersagt.

Am 28. Mai ordnete ein Strafgericht in der bahrainischen Hauptstadt Manama die Freilassung von Nabeel Rajab gegen eine Kaution in Höhe von 300 BHD (ca. 800 US-Dollar) an, als er wegen zwei verschiedener Anklagen vor Gericht erschien. In einem dieser beiden Fälle wird ihm vorgeworfen, "andere dazu aufgefordert zu haben, mit ihm nicht genehmigte Demonstrationen abzuhalten" in dem anderen Fall wird ihm zur Last gelegt, an "illegalen Versammlungen" teilgenommen und die "öffentliche Ordnung gestört" zu haben. Sein Rechtsbeistand hat erst vor wenigen Tagen von diesen Anklagen erfahren. Die nächste Anhörung in diesen beiden Fällen findet am 17. Juni statt.

Am 20. Mai war Nabeel Rajab im Zusammenhang mit einer dritten Anklage wegen "Verunglimpfung einer nationalen Institution" über den Kurznachrichtendienst Twitter bereits Kaution gewährt worden. Obwohl er den festgelegten Betrag bezahlte, wurde er jedoch weiter festgehalten. Erst als nun auch in Zusammenhang mit den beiden weiteren Anklagen eine Kaution bewilligt wurde, entließ man ihn aus der Haft. Die nächste Anhörung zum dritten Fall soll am 24. Juni stattfinden.

Als sich Nabeel Rajab nach seiner Freilassung auf dem Weg nach Hause befand, sagte er Amnesty International: "Ich werde angegriffen, weil ich meine Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrnehme und weil ich ein Menschenrechtsverteidiger bin. Das ist nichts Neues und es ist der Preis, den man zahlen muss, wenn man sich für Menschenrechte einsetzt. Ich bin den Menschen, die sich für mich eingesetzt haben, sehr dankbar. Jeder einzelne Brief hat etwas bewirkt und ohne die Unterstützung der AktivistInnen wäre ich nicht freigelassen worden. Jedes einzelne Wort, das AktivistInnen schreiben, hat positive Auswirkungen. Meine heutige Freilassung verdanke ich euch und anderen Organisationen, die sich mit meinem Fall beschäftigt haben. Vielen Dank für alles."

Nabeel Rajab ist Vorsitzender des Menschenrechtszentrums von Bahrain (Bahrain Centre for Human Rights) und Direktor des Menschenrechtszentrums am Golf (Gulf Centre for Human Rights). Er ist bereits zuvor mehrfach wegen seines Engagements für Menschenrechte und Demokratie ins Visier der Sicherheitskräfte geraten. Ebenso ist es immer wieder auch anderen AktivistInnen ergangen, die in den letzten Monaten zu friedlichen Protesten gegen die Regierung aufgerufen haben.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nabeel Rajab hat am 6. Februar 2012 eine Protestkundgebung organisiert, auf der die Freilassung von politischen Gefangenen gefordert wurde. Während der Demonstration wurde der Menschenrechtler von der Bereitschaftspolizei angegriffen, die ihn mehrfach mit Fausthieben auf den Kopf und Rücken sowie ins Gesicht traktierte. Er sagte: "Ich fiel hin, aber sie schlugen weiter auf mich ein, sie trampelten sogar auf mir herum und traten mich."

Nabeel Rajab war im Zusammenhang mit einer vom Innenministerium gegen ihn erstatteten Anzeige für den 26. April von der Staatsanwaltschaft zur Vernehmung vorgeladen worden. Wegen seiner bevorstehenden Auslandsreise nahm er den Termin jedoch nicht wahr. Bei seiner Rückkehr am 5. Mai wurde er auf dem Flughafen von Manama festgenommen. Gegen den Menschenrechtsverteidiger erging im Zusammenhang mit den von ihm versandten Twitter-Nachrichten Anklage wegen "Verunglimpfung einer nationalen Institution" (gemeint war das Innenministerium). Am 16. Mai erschien er vor einem Strafgericht in Manama und erklärte dem Gericht, er betrachte die Anklage als politisch motiviert und böswillig. Er soll gesagt haben: "Ich habe lediglich mein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen. Ich habe keine Straftat begangen. Die Entscheidung, mich festzunehmen und vor Gericht zu stellen, war politisch motiviert".


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich freue mich sehr über die Freilassung von Nabeel Rajab.

- Ich fordere Sie auf, alle Anklagen gegen Nabeel Rajab fallen zu lassen, da diese in Zusammenhang mit der legitimen Ausübung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit stehen.

- Bitte leiten Sie eine Untersuchung der Vorwürfe ein, dass er bei einer Demonstration im Februar 2012 geschlagen und anderweitig misshandelt wurde. Die dafür Verantwortlichen müssen umgehend in einem fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior, P.O. Box 13, al-Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain

STAATSANWALT
Mr. 'Ali al-Bu'ainein
Public Prosecution Office
PO Box 450, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Dear Mr. 'Ali al-Bu'ainein / Sehr geehrter Herr 'Ali al-Bu'ainein)
Fax: (00 973) 1753 0884


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. Juli 2012 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Informationen zu UA-128/2012 (MDE 11/029/2012, 8. Mai 2012 und MDE 11/033/2012, 23. Mai 2012)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Welcoming the release on bail of Nabeel Rajab.

- Calling on the Bahraini authorities to drop all the charges against Nabeel Rajab since they are related to him legitimately exercising his rights to freedom of expression and assembly.

- Calling for an investigation to be opened into reports that he was beaten during a protest in February 2012 and for anyone found responsible for abuses in this regard to be brought to justice promptly and fairly.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die bahrainische Regierung erklärte wiederholt ihre Absicht, Reformen auf den Weg zu bringen und Lehren aus den Ereignissen im Februar und März 2011 zu ziehen, als die Behörden hart gegen regierungskritische Protestierende vorgegangen waren. Im November 2011 präsentierte die von König Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa einberufene unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (BICI) ihre Ermittlungsergebnisse im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen während der Proteste. In dem Bericht wurde unter anderem festgestellt, dass die Behörden straffrei mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende vorgegangen waren, dazu zählte exzessive Gewaltanwendung gegen Protestierende, weit verbreitete Folter und andere Misshandlungen von Protestierenden, unfaire Gerichtsverfahren und rechtswidrige Tötungen. Der Bericht enthält die Aufforderung, umgehend ein unabhängiges Gremium bestehend aus VertreterInnen der Zivilgesellschaft, der Opposition und der Regierung zu bilden. Es soll die Umsetzung der Empfehlungen des Berichts beobachten und rechtliche Reformen voranbringen, um sicherzustellen, dass die Gesetze mit den internationalen Menschenrechtsstandards übereinstimmen. Zudem soll es dafür sorgen, dass die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt werden, dass alle gewaltlosen politischen Gefangenen freigelassen werden und man Untersuchungen zu ihren Vorwürfen der Folter durchführt.

Doch bislang hat die Regierung Bahrains auch auf die Empfehlungen der BICI lediglich mit halbherzigen Reformen reagiert, die möglicherweise nur darauf abzielen, Bahrains internationale Partner zufrieden zu stellen. Rechenschaft und Gerechtigkeit für die Betroffenen haben sie bisher nicht bewirkt. Auch wenn die Behörden das Gegenteil behaupten, werden KritikerInnen der Herrschaft der Al Khalifa-Familie weiterhin zum Ziel von Angriffen. Die Regierung weigert sich, die vielen Gefangenen freizulassen, die sich für bedeutende politische Reformen einsetzten, und ignoriert auch weiter die von der schiitischen Minderheit angeprangerte Diskriminierung und politische Marginalisierung, die die religiöse Spaltung im Land vertieft.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-128/2012-2, AI-Index: MDE 11/036/2012, Datum: 29. Mai 2012 - mr/we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2012