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AKTION/1053: Urgent Action - USA (Montana) - Gnadengesuch zur Entscheidung an Gouverneur


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-073/2012-1, AI-Index: AMR 51/035/2012, Datum: 23. Mai 2012 - gs

USA (Montana)
Gnadengesuch zur Entscheidung an Gouverneur

Weitere Informationen zu UA-073/2012 (AMR 51/019/2012, 5. März 2012)



Herr RONALD SMITH, 54 Jahre

Der Begnadigungsausschuss von Montana hat sich gegen die Begnadigung des kanadischen Staatsbürgers Ronald Smith ausgesprochen, der wegen eines im Jahr 1982 begangenen Doppelmordes im Todestrakt einsitzt. Der Gouverneur des Bundesstaates Montana ist nicht an das Votum des Ausschusses gebunden, sondern kann das Todesurteil gegen Ronald Smith noch umwandeln.

Mit Schreiben vom 21. Mai teilte der Begnadigungsausschuss dem Gouverneur von Montana Brian Schweitzer mit, dass man sich am 2. Mai mit dem Gnadengesuch von Ronald Smith befasst habe und sich gegen eine Begnadigung ausspräche. In dem Brief hieß es, dass mit einer solchen Entscheidung "für die Mehrheit der BürgerInnen des Bundesstaats Montana der Gerechtigkeit genüge getan worden ist". Die Staatsanwaltschaft hatte Ronald Smith und Rodney Munro des Mordes an Harvey Madman Jr. und Thomas Running Rabbit Jr. angeklagt, zwei amerikanischen Ureinwohnern, die am 4. August 1982 erschossen worden waren. Ronald Munroe bekannte sich in Absprache mit der Staatsanwaltschaft der Freiheitsberaubung mit Todesfolge für schuldig und wurde zu einer Gefängnisstrafe von 60 Jahren verurteilt. 1998 erhielt er seine Freiheit zurück. Die Staatsanwaltschaft bot Ronald Smith einen ähnlichen Handel an: Sollte er sich des Mordes für schuldig bekennen, würde er nicht zum Tode, sondern zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt werden und könnte nach rund 17 Jahren mit seiner Freilassung rechnen. Ronald Smith lehnte dies jedoch ab und bekannte sich des Mordes für schuldig. Er lehnte es darüber hinaus ab, strafmindernde Umstände geltend zu machen und bat um die Todesstrafe, zu der er dann auch im März 1983 verurteilt wurde. Innerhalb weniger Wochen änderte Ronald Smith jedoch seine Meinung und gab an, seine Bitte um die Todesstrafe wäre auf eine starke Depression zurückzuführen gewesen, und er wolle nun doch leben. Nachdem sein Todesurteil 1984 bestätigt worden war, wurde es 1990 wieder aufgehoben. 1992 wurde Ronald Smith dann jedoch erneut zum Tode verurteilt. Nachdem auch dieses zweite Todesurteil wieder aufgehoben wurde, verurteilte man Ronald Smith 1995 ein drittes Mal zum Tode. Dieses dritte Todesurteil und der Schuldspruch aus dem Jahre 1983 wurden trotz eingelegter Rechtsmittel aufrecht erhalten. 2010 entschied das zuständige Berufungsgericht (Ninth Circuit Court of Appeals), dass der Rechtsbeistand von Ronald Smith "die grundlegenden Fakten des Verbrechens nicht untersucht, sich nicht genau über die psychische Verfassung von Ronald Smith zur Zeit der Straftat informiert und keine Verteidigungsstrategien mit Ronald Smith durchgesprochen habe, bevor dieser sich schuldig bekannt hat". Trotzdem entschied das Gericht, Ronald Smith habe nicht beweisen können, dass die Fehler seines Rechtsbeistandes einen Nachteil für ihn bedeutet haben. Einer der drei Bundesrichter widersprach dieser Entscheidung und erklärte: "Man kann die Tatsache kaum ignorieren, dass wir nicht hier sein würden, wäre Ronald Smith nicht seinen vermeintlichen suizidalen Gedanken erlegen und hätte er stattdessen das Angebot der Anklagevertretung angenommen". Außerdem erklärte er, dass Ronald Smith bei einer wirksamen Vertretung durch seinen Rechtsbeistand mit "hinreichender Wahrscheinlichkeit" eine andere Entscheidung getroffen hätte.

Ronald Smith war zur Zeit der Straftat 24 Jahre alt. Heute ist er 54. Das Berufungsgericht wies in seiner Entscheidung auf umfassende Erkenntnisse hin, die auf eine Besserung von Ronald Smith schließen lassen. Sein Verhalten im Gefängnis, so das Gericht, sei vorbildlich. Außerdem zeige er tiefe Reue für seine Taten. All dies, so das Gericht, seien Umstände, die in die Überlegungen der für Begnadigungen zuständigen Behörden einfließen müssten. Bei der Anhörung am 2. Mai nahm der Begnadigungsausschuss Aussagen einer Reihe von ZeugInnen entgegen, die angaben, Ronald Smith habe sich ohne Zweifel gebessert. Auch Ronald Smith selbst wurde angehört. Er versicherte den Familien der Opfer, seine Tat täte ihm "unendlich leid". Zugleich entschuldigte er sich für "den Schmerz und das Leid, das ich Ihnen zugefügt habe".


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

(DEUTSCH)
Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich ab. Seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen in den USA im Jahre 1977 wurden dort 1.295 Todesurteile vollstreckt. In Montana wurden seit 1977 drei Menschen hingerichtet. Zuletzt wurde dort im August 2006 ein Todesurteil vollstreckt. 2012 sind in den USA bereits 18 Menschen hingerichtet worden.

(ENGLISCH)
Under the administrative rules of the Montana Board of Pardons and Parole, clemency may be recommended where the petitioner "has demonstrated an extended period of exemplary performance." At the hearing on 2 May, the board members heard testimony from numerous witnesses regarding Ronald Smith's exemplary conduct on death row and his deep remorse. Witnesses supporting clemency included retired prison officials, a clinical psychologist, a Catholic priest and prison educator, a former probation officer and members of the Smith family (since being on death row, Smith has established and maintained strong relationships with his family, including with his own daughter and his two grandchildren). The psychologist said that Ronald Smith "has demonstrated significant change in attitude, thoughts and behaviour. He is what would be considered a model prisoner in the modern setting". He said that prison guards who had close contact with Smith described him as respectful and cooperative. This was echoed by a former FBI agent who had worked with the Montana law enforcement authorities and who had conducted a number of interviews with prison officials. The latter, he said, had "uniformly described [Smith] as a model inmate, respectful and respected". A retired prison officer said that, based on his experience with Ronald Smith over 22 years, if it was up to him, he would commute the death sentence not to life without parole, but with the possibility of parole.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bin mir der Schwere der von Ronald Smith begangenen Tat bewusst und empfinde tiefes Mitgefühl für die Familien der Opfer.

- Ich bitte Sie eindringlich, zu berücksichtigen, dass Ronald Smith tiefe Reue zeigt und entscheidende Veränderungen in seiner Lebensführung vollzogen hat. Sein Verhalten im Gefängnis ist vorbildlich.

- Ich bitte Sie, Herr Gouverneur, dem Gnadengesuch von Ronald Smith stattzugeben.


APPELLE AN

GOUVERNEUR DES US-BUNDESSTAATES MONTANA
Brian Schweitzer
Office of the Governor
Montana State Capitol Bldg.
PO Box 200801
Helena, MT 59620-0801
USA
Fax: (00 1) 406 444 5529


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA
S.E. Herrn Philip Dunton Murphy
Pariser Platz 2, 10117 Berlin
Fax: 030-83 05 10 50
E-Mail: über http://germany.usembassy.de/email/feedback.htm

BOTSCHAFT VON KANADA
S.E. Herrn Peter Michael Boehm
Leipziger Platz 17, 10117 Berlin
Fax: 030-2031 2590
E-Mail: brlin@international.gc.ca


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort, so dass sie noch vor dem 4. Juli 2012 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Acknowledging the seriousness of the crime and expressing sympathy for the victims' families.

- Noting the extensive evidence of Ronald Smith's remorse, reform and exemplary prison conduct.

- Urging Governor Schweitzer to grant clemency to Ronald Smith.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG (AUF ENGLISCH)

Another criterion for executive clemency established by the Board of Pardons and Parole is that "extraordinary mitigating or extenuating circumstances exist." According to Ronald Smith's lawyers, his childhood was marked by physical abuse at the hands of his father and mother, and he grew up in an environment of alcoholism. Ronald Smith himself began drinking around the age of 11. He came into conflict with the law as a child, and from the age of 16 was held in an adult facility with adult offenders.

In its 2010 decision, the Ninth Circuit Court of Appeals noted that extensive psychological testing of Ronald Smith had concluded that, at the time of the crime, he was "suffering from or under the influence of extreme emotional disturbance." The psychologist who testified at his 1995 re-sentencing hearing stated that "I've never seen a case that I have worked on in 15 years in a capital case of anyone making this much ... impressive change in real, significant ... rehabilitation." The Court of Appeals noted that "by all accounts, Smith has reformed his life", but concluded that consideration of this issue was beyond its jurisdiction, adding: "Clemency claims are committed to the wisdom of the executive branch."

In its 2010 decision, the Ninth Circuit found that Smith's trial lawyer "did not ensure that Smith fully understood the alternative courses of action available to him". It continued: "Although Smith's lawyer was on notice that Smith had been a habitual drug user and that he wanted to die - both facts that might have developed into mitigating circumstances with the right investigation - Smith's lawyer conceded that he did not discuss with Smith 'anything that would have operated as a viable defense". In her dissent from the ruling that Ronald Smith had not been prejudiced by his lawyer's failures, Judge Betty Fletcher noted that this attorney, who had never worked on a death penalty case before, had provided "pitifully little assistance" and an "alarmingly poor performance". Judge Fletcher pointed to evidence that Ronald Smith's decision to plead guilty had been the product of severe depression, and had followed months of solitary confinement in harsh conditions in pre-trial custody and death threats against him from other inmates because of his crime. The record, Judge Fletcher argued, "clearly demonstrates that, once Smith told [his lawyer] that he wanted to plead guilty and seek the death penalty, [the lawyer] gave up on him". Given the evidence that Ronald Smith had been drinking heavily on and before the day of the murders as well as consuming large amounts of LSD, in addition to evidence of emotional disturbance, Judge Fletcher argued that there had been possible defences open to him.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-073/2012-1, AI-Index: AMR 51/035/2012, Datum: 23. Mai 2012 - gs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2012