Schattenblick → INFOPOOL → BUCH → SACHBUCH


REZENSION/751: S&P Seagrave - Gold Warriors (Kalter Krieg) (SB)


Sterling Seagrave & Peggy Seagrave


Gold Warriors

America's Secret Recovery of Yamashita's Gold



Als Anfang Juli Taro Aso, Japans Vize- und ehemaliger Premierminister, öffentlich erklärte, ein Versuch Festland-Chinas, Taiwan mit militärischen Mitteln in die Volksrepublik einzugliedern, stellte für Tokio den Verteidigungsfall dar, löste dies heftigste Proteste seitens Beijings aus. Schließlich war Taiwan fünfzig Jahre lang bis 1945 Kolonie des japanischen Kaiserreichs. Zudem hat sich Japan eine Versöhnung mit den Nachbarn, wie es Deutschland nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg gelungen ist, niemals geleistet. Das Gegenteil ist der Fall.

Der japanische Imperialismus hat sich nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki demjenigen der siegreichen USA untergeordnet und Tokio für Washington die Rolle des Juniorpartners in Ostasien gegenüber China und Korea übernommen, wie sie im Grunde genommen Großbritannien bis heute gegenüber Frankreich und Deutschland spielt. Es darf im historischen Vergleich nicht vergessen werden, daß die kaiserlichen Truppen Japans in Ost- und Südostasien weitaus länger und mindestens so schlimm, wenn nicht sogar schlimmer gewütet haben als etwa die Streitkräfte Nazi-Deutschlands in Europa und Nordafrika - angefangen mit der Einnahme Taiwans 1895 und gefolgt von der Unterwerfung Koreas 1905, dem Einmarsch in die Mandschurei 1931, dem Einfall in Restchina 1937 sowie der raschen Eroberung der Philippinen, Singapurs, Malaysiens, Birmas und Niederländisch-Indiens (heute Indonesien) 1942 nach dem "Überraschungsangriff" auf den Flottenstützpunkt der US-Marine in Pearl Harbor auf Hawaii im Dezember 1941.


Geschichtliche Landkarte Ost- und Südostasiens von Sakhalin im Nordosten bis Sumatra im Südwesten - Foto: Kokiri at English Wikipedia, modifications by Huhsunqu and Markalexander100, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Ausdehnung des japanischen Kaiserreichs samt Daten der verschiedenen Eroberungen
Foto: Kokiri at English Wikipedia, modifications by Huhsunqu and Markalexander100, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Warum es in Japan von offizieller Seite niemals zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit seinen historischen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg kam und warum die reaktionären Kräfte des Landes bis heute das Sagen in Tokio haben ist der Hauptgegenstand des Buchs "Gold Warriors - America's Secret Recovery of Yamashita's Gold" von Sterling & Peggy Seagrave, das in einer ersten Version 2003 erschienen ist und schon damals für Furore gesorgt hat. Offiziell heißt es, der Sieg der Kommunisten um Mao Zedong im chinesischen Bürgerkrieg und die Flucht der nationalistischen Kuomintang um Chiang Kai-shek nach Taiwan 1949 zusammen mit dem Ausbruch des Koreakriegs 1950, der bis 1953 dauerte und in dessen Verlauf die Armeen der USA und der Volksrepublik aneinandergerieten, hätten die US-Besatzungsmacht in Japan zu einer engen Zusammenarbeit mit Nippons alter Garde veranlaßt. Diese Version stimmt, gibt jedoch die ganze Wirklichkeit nur unzureichend wieder.

Wie sie es bereits in Korea und der Mandschurei gemacht hatten, haben die Japaner während des Zweiten Weltkriegs in den von ihnen eroberten Ländern und Regionen einen Raubzug gigantischen Ausmaßes betrieben. Sie haben Banken, Firmen, Tempel, Bibliotheken, Museen und Privathäuser systematisch nach Wertgegenständen - Gold, Silber, Platin, Edelsteine, Kunstobjekte und alte Schriften - durchsucht und alles, was sie gefunden haben, katalogisiert und nach Japan zurücktransportiert. Hauptleidtragende waren die Chinesen im eigenen Land aber auch die zahlreichen wohlhabenden chinesischen Gemeinden, die seit Jahrhunderten Handel und Produktion in allen der Südchinesischen See angrenzenden Staaten beherrschten. Des weiteren zwangen die Japaner in den von ihnen kontrollierten Gebieten Abermillionen von Menschen zur Sklavenarbeit - zum Beispiel koreanische Frauen in den Bordellen der kaiserlichen Armee, männliche Zivilisten und Kriegsgefangene in den Bergwerken sowie im Straßen- und Brückenbau. Die Plünderungsorgie, die sich in den Expansionsjahren des japanischen Reichs entfaltete und erst durch die bedingungslose Kapitulation von Kaiser Hirohito im August 1945 beendet wurde, soll alle früheren Raubzüge in der Menschheitsgeschichte übertroffen haben.

Den Amerikanern, die ab 1942 mit eigenen Bodentruppen um US-General Joseph Stillwell an der Burma-Indien-China-Front kämpften, waren die Raubaktivitäten der Japaner nicht verborgen geblieben. Nach der Landung der alliierten Streitkräfte um US-General Douglas MacArthur Ende 1944 auf der Insel Leyte und beim anschließenden verlustreichen Feldzug auf der philippinischen Hauptinsel Luzon gegen die Truppen um General Tomoyuki Yamashita bekamen sie erste Berichte über das Verstecken größerer Mengen Raubgold zu hören. Nach dem Ende des Kriegs wurde MacArthur, der in den dreißiger Jahren in Manila der philippinischen Regierung als Militärberater zur Seite gestanden hatte, Oberbefehlshaber des alliierten Besatzungsregimes in Japan. Amerikas großer Held des Pazifikkrieges ist auch derjenige, der dafür sorgte, daß Hirohito Japan als Monarch erhalten blieb, während er sämtliche andere Adelstitel aberkennen ließ.


Kishi und Tojo sitzen einander auf großen Sesseln schräg gegenüber - Foto: The Asahi Shimbun Company, Public domain, via Wikimedia Commons

Premierminister Hideki Tojo (links im Bild) mit Handels- und Industrieminister Nobusuke Kishi (rechts) im Oktober 1943
Foto: The Asahi Shimbun Company, Public domain, via Wikimedia Commons

Vor dem Hintergrund eines sich rasch zuspitzenden Kalten Kriegs wurde unter der Regie MacArthurs der einstige japanische Premierminister und Rädelsführer der Militaristen, General Hidekei Tojo, zum Hauptverantwortlichen für die unzähligen japanischen Greueltaten gestempelt und 1948 hingerichtet, während viele von dessen engsten Mitarbeitern von der Liste der Kriegsverbrecher der Klasse A genommen, rehabilitiert und als Garanten für politische Stabilität wiederaufgebaut wurden. Dies trifft insbesondere auf Tojos Protégé Kishi Nobusuke zu, der in den dreißiger Jahren Leiter der japanischen Zivilverwaltung in der Mandschurei und während des Pazifikkrieges Handels- und Industrieminister mit besonderer Verantwortung für Rüstung und Munition war. Kishi hat wesentlich am Aufbau der liberaldemokratischen Partei (LPD) mitgewirkt, die Japan seit 1955 fast ausschließlich - bis auf zwei kleine Unterbrechungen 2003-2004 und 2009-2012 - regiert.

Zusammen mit Kishi wurde 1948 auch dessen Zellengenosse Yoshio Kodama aus dem Sondergefängnis Sugamo entlassen. Kodama, ein Ultranationalist, der zuerst in der Mandschurei und später in Restchina für die Japaner den Opiumhandel organisiert hat, soll seine Freilassung mit Bestechungsgeldern an die US-Besatzer im Wert von 100 Millionen Dollar bezahlt haben. Damit ist Kodama zum wichtigsten Agenten der CIA in Japan, wo er jahrzehntelang als großer Yakuza-Boß über die Unterwelt geherrscht hat, aufgestiegen. Ganz am Ende des Zweiten Weltkrieges hatte Kodama dem letzten Premierminister des japanischen Kaiserreichs, Prinz Higashikuni, als persönlicher Berater gedient und in dieser Funktion die ersten Treffen zwischen dem Bruder Hirohitos und dem neuen Satrapen MacArthur eingefädelt. Diese Personalie erklärt, warum der Gangsterpate seinen Teil des Raubgoldschatzes auf dem Gelände des kaiserlichen Palasts in Tokio verstecken konnte.


Standbild von Japans berühmtestem Yakusa-Paten bei der Haftaufnahme - Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Yoshio Kodama im US-Militärgefängnis Sugamo bei Tokio im März 1946
Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Als dritte wichtige Figur in diesem Zusammenhang gilt Ryoichi Sasakawa. Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges als Kriegsverbrecher der Klasse A eingestuft, stieg der ebenfalls ultranationalistisch eingestellte Sasakawa nach der Entlassung aus Sugamo zuerst zum zweiten großen Unterweltboß Japans auf. 1951 hob der große Mussolini-Bewunderer mit der Hilfe Kodamas, Chiang Kai-Sheks und Sun Myung Moons, des umstrittenen Oberhaupts der koreanischen Vereinigungskirche, die World Anti-Communist League (WACL), die jahrzehntelang in Asien, Afrika und Lateinamerika linksfeindliche Umtriebe entfaltete, deren Finanzierung häufig aus dem Geschäft mit illegalen Drogen und anderen dunklen Kanälen stammte, aus der Taufe. In dieser Funktion sowie als großer Philanthrop mit der eigenen Nippon Stiftung zeigte sich Sasakawa später im Ausland an der Seite hoher Prominenz wie des US-Präsidenten Jimmy Carter, der britischen Premierministerin Margaret Thatcher und des polnischen Papsts Johannes Paul II. Offiziell stammte der Reichtum Sasakawas aus der Lizenz, die er von der japanischen Regierung zur Veranstaltung von Motorbootrennen und zum Betreiben eines dazugehörigen legalen Wettgeschäfts erhalten hatte. Inoffiziell verfügte auch er über Raubgold in riesigen Mengen.

Ähnlich wie im Nachkriegseuropa Alan Dulles, der spätere CIA-Chef, als US-Vertreter bei der Bank of International Settlements in Bern das geraubte Nazigold in Besitz nahm, schmelzen und zu neuen Barren gießen ließ, um es für politische Zwecke wie etwa die Unterstützung der konservativen Partei Democrazia Christiana (DC) in Italien zu nutzen, haben sich MacArthur und seine Mannschaft recht schnell nach dem Einzug in Tokio Zugriff auf einen nicht geringen Teil des gesammelten Diebesguts der japanischen Königsfamilie, Militärführung und Unterwelt verschafft. Im Herbst 1945 war auch Edward Lansdale, der im Krieg beim Office of Strategic Services (OSS), der CIA-Vorläuferorganisation, kämpfte, im Auftrag des Counter Intelligence Corps (CIC) des Pentagons bei der Suche nach japanischem Raubgold auf den Philippinen fündig geworden. Zusammen mit dem philippinischen Vatikan-Verbindungsmann Santa Romana folterte Lansdale aus Yamashitas Chauffeur, Major Kojima Kashii, die erwünschte Information über die Standorte von zwölf kaiserlichen Schatzkammern heraus. Wegen der Brisanz des Fundes veranlaßte MacArthur bereits im Februar 1946 vor einem Militärtribunal nahe Manila die rasche Aburteilung und Hinrichtung Yamashitas wegen Kriegsverbrechen.


Das berühmte Foto von der dramatischen 'Rückkehr' MacArthurs auf die Philippinen - Foto: U.S. Army Signal Corps, Public domain, via Wikimedia Commons

General Douglas MacArthur führt die Landung der US-Streitkräfte bei Leyte auf den Philippinen im Oktober 1944 an
Foto: U.S. Army Signal Corps, Public domain, via Wikimedia Commons

US-Präsident Harry Truman, der ein Gnadengesuch Yamashitas trotz der Feststellung zahlreicher Unregelmäßigkeiten bei dessen Prozeß durch den Obersten Gerichtshof in Washington abwies, soll derjenige gewesen sein, der eine Zusammenlegung des amerikanischen Anteils an der japanischen Kriegsbeute mit dem Raubgold der Nazis verfügt hat. Daraus sind für die USA zwei unglaublich große Geheimfonds entstanden: der M-Fund, mit dem Washington die Remilitarisierung Japans vorantreiben und die Politik des Landes beeinflussen konnte, und der Black Eagle Fund, der als schwarze Kasse der CIA fungierte und zugleich wegen seiner unvorstellbaren Größe die Position des Dollars als internationale Leitwährung sicherte - bis heute. Nach Einschätzung der Seagraves hat die Bekämpfung der Rebellenorganisation Hukbalahap in der zentralen Gebirgsregion auf Luzon Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre, was den Grundstein für Lansdales legendären Ruf als Mann für knifflige Angelegenheiten legte, weniger einen realen politisch-militärischen Zweck, sondern fungierte vielmehr als Vorwand und Tarnung für die Bergung japanischen Raubgolds.

Bis zum heutigen Tag werden die Geschichten über Japans sagenhafte Kriegsbeute von amerikanischen Mainstream-Medien als Märchen aus Tausendundeiner Nacht abgetan, nicht zuletzt deshalb, weil 1951 die USA wider besseren Wissens und unter der Federführung von Außenminister John Foster Dulles im Friedensvertrag mit Japan das Land der aufgehenden Sonne formell für bankrott und damit unfähig, seine Kriegsschulden zu begleichen, erklärte. Damit hat Washington Millionen ehemaliger Arbeitssklaven aus ganz Ostasien sowie Abertausende eigener Kriegsgefangenen wie auch jener aus den alliierten Staaten Großbritannien, Australien und Neuseeland um jede Form von Entschädigung für das ihnen in japanischen Lagern angetane Leid gebracht.


Prinz Chichibu in Gardeuniform - Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Prince Chichibu Yasuhito
Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Während Lansdale und Santa Romana mit Hilfe philippinischer und amerikanischer Militärs besagte zwölf Goldgruben leerräumten und den Inhalt nach Japan und in die USA schafften, wußten sie offenbar nicht, daß es auf den Philippinen ursprünglich insgesamt 175 solcher geheimen Verstecke gegeben hat. Prinz Chichibu hatte von seinem Bruder Hirohito das Oberkommando über die Rauboperation Goldene Lilie (kin no yuri) in allen von den kaiserlichen japanischen Truppen besetzen Gebieten erhalten. Als ab 1942 wegen amerikanischer U-Boote im Südchinesischen Meer der Transport von Raubgut extrem gefährlich geworden war und nur gelegentlich mit getarnten Krankenhausschiffen bewältigt werden konnte, verlagerte der begeisterte Rugby-Spieler Chichibu seine Kommandostelle von Singapur nach den Philippinen.

Mit der Hilfe von Prinz Takeda, einem Vetter Hirohitos ersten Grades, der Unterstützung von japanischen Mineningenieuren und dem Zwangseinsatz unzähliger unterernährter und geschundener Sklaven und Kriegsgefangenen, ließ Chichibu tief in den gebirgigen Dschungeln der Philippinen das gesamte Raubgold aus Französisch-Indochina, Malaysia, Birma, Indonesien und Singapur vergraben. Die teils sehr tiefen und verzweigten Stollen wurden anschließend mit allen erdenklichen Fallen wie Sprengstoff, Gift, Sand und Wasser versehen, die Eingänge gesprengt, die Arbeiter - ausländische wie japanische - entweder lebendig oder nach der Ermordung mitbegraben und alle äußerlichen Hinweise auf den unterirdischen Schatz durch Planierarbeit und Wiederbepflanzung beseitigt.


Prinz Takeda in traditioneller japanischer Tracht - Foto: Public domain, via Wikimedia Commons

Prinz Takeda
Foto: Public domain, via Wikimedia Commons

Ab 1960 trat eine neue Phase ein. Mit dem Versuch, die in jenem Jahr paraphierte Neuausrichtung der amerikanisch-japanischen Militärallianz durch einen Staatsbesuch von US-Präsident Dwight D. Eisenhower in Japan feierlich zu besiegeln, ist Premierminister Kishi kläglich gescheitert. Zwar hatte Kodama für Kishi eine Schlägertruppe von rund 100.000 gewaltgeübten Yakuzas bereitgestellt, welche die erwartete Großdemonstration der japanischen Friedensbewegung gegen den Eisenhower-Besuch von den Straßen Tokios fegen sollte, doch wegen des Tods einer Studentin wenige Tage zuvor fiel der große Staatsakt ins Wasser. Die landesweiten Proteste führten schließlich zum Rücktritt Kishis. Sein Nachfolger als großer Strippenzieher bei der LPD und später auch als Premierminister wurde Kakuei Tanaka, der ebenfalls nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Insel Sado in seinem späteren Wahlkreis in der Präfektur Niigata an der japanischen Westküste gegenüber Korea den eigenen Anteil am Raubgold versteckt haben soll. In der vom Unternehmen Mitsubishi betriebenen Goldmine auf Sado waren am 2. August 1945 397 alliierte Kriegsgefangene lebendig begraben worden - möglicherweise damit sie ihr Wissen um das Deponieren von gestohlenem Edelmetall mit in den Tod nehmen sollten.

An den Kreis um Tanaka übergab 1960 US-Vizepräsident Richard Nixon die Kontrolle über den M-Fund. Im Gegenzug bekam der Republikaner aus Kalifornien üppige wie zugleich illegale Spenden aus Japan für seinen letztlich erfolglosen Kampf gegen den Demokraten John F. Kennedy um die Präsidentschaft in November desselben Jahres. Dennoch blieben Tanaka und Nixon einander verbunden. Nach der Wahl zum Präsidenten 1968 erfüllte Nixon sein früheres Versprechen an die politischen Freunde in Tokio und verfügte die Rückgabe Okinawas an den Staat Japan. Nach dem historischen Besuch Nixons bei Mao 1972 wurde Tanaka im selben Jahr der erste Regierungschef Japans, der die Volksrepublik besuchte. Ende der siebziger Jahre stolperte Tanaka über den Lockheed-Skandal, der in Deutschland als Starfighter-Affäre bekanntlich den bayrischen Landesvater und CSU-Chef Franz Joseph Strauß in erhebliche politische Bedrängnis brachte.


Nixon und Marcos stehen auf der Haube der Präsidentenlimousine und winken der sie umgebenden Menschenmenge auf der Straße zu - Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Nixon und Marcos beim Staatsbesuch des US-Präsidenten in Manila am 26. Juli 1969
Foto: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

1965 war Ferdinand Marcos Präsident der Philippinen geworden, worauf er sich sofort auf die Suche nach den japanischen Goldverstecken machte. Er holte deshalb japanische und koreanische Mafiosi, allen voran Sasakawa, ins Land. Letzter ließ zum Beispiel auf der Insel Lubang eine große Hotelanlage für ausländische Touristen errichten, um unter dem Vorwand der notwendigen Arbeiten am Fundament einen größeren Schatz Raubgold aus einer unterirdischen Anlage zu bergen. Wegen seiner Verdienste um den Aufstieg von Marcos und dessen Ehefrau Imelda zu einem der reichsten Paare der Welt wurde Sasakawa später von seinen Kumpanen in Manila mit der Staatsbürgerschaft der Philippinen geehrt.

1971 stieß der philippinische Goldsucher Rogelio Roxas auf dem Gelände des zentralen Krankenhauses von Baguio, Hauptstadt der Bergregion Cordillera Central, wo sich 1945 Yamashitas Armee verschanzt hatte, auf ein unterirdisches Tunnelsystem voller Holzkisten. Zusammen mit seinen Mitarbeitern barg Roxas eine Buddhastatue aus purem Gold, die eine Tonne wog, sowie elf Goldbarren, schüttete den Eingang des Gewölbes zu und meldete nach Vorschrift seinen Fund bei den Behörden, um später in aller Ruhe die Tunnelanlage erkunden und das restliche Gold bergen zu können. Doch Marcos bekam über einen Verwandten Wind von dem spektakulären Fund und ließ den jungen Schlosser von seinen Schergen fast zu Tode prügeln.

Unter Mordandrohungen gab Roxas den Fundort preis. Nach Angaben der Seagraves hat Marcos aus diesem einen Stollensystem in Baguio 3600 Kisten und damit 10.000 jeweils 75 Kilogramm schwere Goldbarren abtransportieren lassen und unter dem Präsidentenpalast in Manila gebunkert. Viel später, im Jahr 2000, bekamen Roxas' Erben bei einer Klage gegen die Marcos-Familie vor einem US-Gericht auf Hawaii die höchste Schadensersatzsumme in der Geschichte des Zivilrechts - 43 Milliarden Dollar - zugesprochen. Beim sogenannten Goldenen-Buddha-Prozeß gaben zwei australische Broker unter Eid zu Protokoll, Ferdinand Marcos habe mit ihrer Hilfe während seiner 21 Jahre als Präsident der Philippinen Gold im Wert von 1,63 Billionen Dollar heimlich verkauft.


Nixon und Tanaka geben einander im Rosengarten des Weißen Hauses die Hand - Foto: White House Photo Office, Public domain, via Wikimedia Commons

US-Präsident Richard Nixon empfängt Japans Premierminister Kakuei Tanaka 1973 vor dem Weißen Haus
Foto: White House Photo Office, Public domain, via Wikimedia Commons

Dazu paßt der Umstand, daß es Marcos recht früh gelungen ist, den armen Bauern Ben Valmores, der als Jugendlicher aus Zentralluzon zwei bis drei Jahre lang Prinz Takeda als Page gedient hat und mit diesem überall gereist war, ausfindig zu machen. Kurz vor der Flucht per U-Boot in die Heimat im Sommer 1945 hatte Takeda, der später Chef des olympischen Komitees Japans werden sollte, Valmores eine vollständige Sammlungskopie der verschlüsselten Karten aller 175 Schatzverstecke auf den Philippinen anvertraut und ihn für mindestens 30 Jahre zum Stillschweigen verpflichtet. Marcos erzwang jedoch mittels der Drohung, nicht nur Valmores selbst, sondern auch dessen Frau und Kinder zu ermorden, die Aushändigung der Karten. Danach heuerte er den amerikanischen Goldminenexperten und Metallurgen Robert Curtis an. Dieser sollte nicht nur die schwer verständlichen Karten entschlüsseln und die unterirdischen Schätze bergen, sondern auch noch durch die Errichtung einer eigenen Anlage auf dem Gelände der philippinischen Goldmine Benguett die Goldbarren schmelzen, das geschmolzene Gold von Verunreinigungen befreien bzw. bestimmte hinzufügen, damit Marcos es anschließend als Gold philippinischen Ursprungs auf den Markt bringen konnte.

1974 ergab sich auf der Insel Lubang Oberleutnant Hiroo Onoda, das vorletzte Mitglied der kaiserlichen japanischen Armee, das sich noch im philippinischen Dschungel versteckt gehalten hatte. Das Buch Seagraves läßt das Phänomen der nicht zur Aufgabe bereiten japanischen Soldaten in einem ganz anderen Licht als die herkömmliche Version erscheinen. Demnach weigerten sich Onoda und seine wenigen Kameraden fast 30 Jahre nicht deshalb, sich zu ergeben, weil sie glaubten, der Zweite Weltkrieg finde noch statt, sondern weil sie einen Eid abgelegt hatten, die ihnen unterstellen Goldverstecke auf Lubang zu schützen. Wie die Seagraves nachweisen konnten, war Prinz Takeda in jenem Jahr inoffiziell und ohne Namensnennung als Mitglied der japanischen Delegation nach Lubang gereist, um Onoda persönlich von seinem Eid zu entbinden. Die Fernsehbilder, wie Onada anschließend Marcos sein Samuraischwert übergab, gingen damals um die Welt. Ebenfalls im Jahr 1974 starb Santa Romana. Daraufhin ging die Kontrolle über die insgesamt 176 von ihm eingerichteten Bankkonten in 42 Ländern, darunter angeblich eines bei der USB in Zürich mit 20.000 Tonnen Gold, an Edward Lansdale über.


Onoda (rechts im Bild) verbeugt sich vor Marcos (links) im Blitzlicht anwesender Pressefotographen - Foto: Malacañang Palace, Public domain, via Wikimedia Commons

Der japanische Weltkriegssoldat Hiroo Onoda übergibt am Tag seiner Aufgabe am 11. März 1974 sein Schwert dem philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos
Foto: Malacañang Palace, Public domain, via Wikimedia Commons

1975 hatte Curtis alles Vereinbarte in die Wege geleitet und bereits den ersten wichtigen Fundort ausfindig gemacht, als der Insider-Journalist Jack Anderson in der Washington Post den vermeintlichen Durchbruch von Marcos bei der Goldsuche auf den Philippinen publik machte. Marcos nahm an, Anderson habe die Informationen für den Artikel von Curtis bekommen, und plante als Vergeltung dessen Beseitigung. Curtis witterte gerade noch rechtzeitig die Racheabsichten seines Noch-Geschäftspartners und setzte sich per Flugzeug in die USA ab. Zuvor hatte er alle Schatzkarten der Japaner verbrannt, aber erst nachdem er sie fotografiert und die Negative per Post in die USA geschickt hatte. Daheim in den USA wurde Curtis von den Verbündeten von Marcos, allesamt führende Mitglieder der anti-kommunistischen John Birch Society, geschäftlich ruiniert und mußte als Autoverkäufer arbeiten, um zu überleben.

1986 hatte Marcos, der wegen seines äußerst brutalen Umgangs mit der politischen Opposition im In- und Ausland schwer in der Kritik stand, den Bogen endgültig überspannt. Die Regierung Ronald Reagans, allen voran CIA-Chef William Casey, wollte einen weit größeren Anteil an Marcos' enormem Goldreichtum haben. In einem Anflug von Ubermut und Größenwahn schätzte der langjährige philippinische Präsident und Multimilliardär die wahren Kräfteverhältnisse und die Stärke der eigenen Position falsch ein und weigerte sich, den Forderungen Washingtons nachzukommen. Doch bevor Marcos wußte, wie ihm geschah, wurde er von der CIA weggeputscht und zusammen mit seiner Gattin Imelda nach Hawaii entführt. Die Umstände seines Sturzes und die Machtübergabe an Corazon Aquino, Sproß einer der mächtigsten Dynastien der Philippinen, wurden mediengerecht von einer friedlichen "People's Revolution" begleitet. Marcos' Gold teilten sich Washington und das neue Regime in Manila.


Ein lächelnder um die 70 Jahre alter Sasakawa im maßgeschneiderten Anzug macht auf Wirtschaftskapitän und Philanthrop - Foto: Pnuao, Public domain, via Wikimedia Commons

Yakuzaboß, Antikommunist und Wohltäter Ryoichi Sasakawa circa 1990
Foto: Pnuao, Public domain, via Wikimedia Commons

Unmittelbar nach dem Ende der Marcos-Diktatur wurde Robert Curtis erneut als Goldsucher in die Philippinen geholt, diesmal von einen Konsortium angeführt von John Singlaub. Der mehrfach dekorierte Kriegsheld war im Zweiten Weltkrieg Caseys Untergebener beim OSS. Später nahm er bei der US-Armee an zahlreichen geheimen CIA-Operationen im Rahmen des Vietnamkriegs teil. 1978 fand seine ruhmreiche Militärkarriere ein abruptes Ende, nachdem er zweimal Präsident Jimmy Carter öffentlich kritisiert hatte, unter anderem wegen des Vorschlags, die US-Streitkräfte von der koreanischen Halbinsel abzuziehen. Seitdem war Singlaub im Auftrag des von ihm gegründeten United States Council for World Freedom, einer Schwesterorganisation von Sasakawas World Anti-Communist League, unterwegs. Inoffiziell koordinierte er im Auftrag der Reagan-Administration private militärische Hilfsmaßnahmen für die rechtsgerichteten Contra-Rebellen in Kampf gegen die linke Sandinista-Regierung in Nicaragua.

Das Singlaub-Konsortium hatte von Präsidentin Aquino grünes Licht für die Goldsuche erhalten. Doch es kam, wie es kommen mußte, wenn größere Mengen Gold und menschliches Gier im Spiel sind. Kaum hatten Curtis und seine Leute begonnen, den Schatz aus einem ihrer ersten Fundorte in Manila zu bergen, da tauchte 1987 das philippinischen Militär im Auftrag des Verteidigungsministers und späterem Präsidenten, General Fidel Ramos, der wichtigsten Figur beim Sturz von Marcos und eigentlichen Macht hinter der Aquino-Regierung, auf und jagte sie zum Teufel. Das Projekt war nicht zuletzt deshalb gescheitert, weil Singlaub zeitgleich wegen seiner prominenten Rolle im Iran-Contra-Skandal vor dem Kongreß aussagen mußte und jeden Abend in den Fernsehnachrichten zu sehen war.


Ronald Reagan und Ferdinand Marcos samt Gattinnen Nancy Reagan und Imelda Marcos schreiten gemeinsam zum Staatsbankett in der Cross Hall am 16. September 1982 - Foto: Series: Reagan White House Photographs, 1/20/1981 - 1/20/1989 Collection: White House Photographic Collection, 1/20/1981 - 1/20/1989, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Ehepaare Reagan und Marcos als sie noch Freunde waren
Foto: Series: Reagan White House Photographs, 1/20/1981 - 1/20/1989 Collection: White House Photographic Collection, 1/20/1981 - 1/20/1989, Public domain, via Wikimedia Commons

Glücklicherweise hatte Curtis unter Verweis auf seine früheren schlechten Erfahrungen mit Marcos und der John Birch Society darauf bestanden, die tagelangen Verhandlungen in Hongkong, bei denen Singlaub ihn angeworben hatte, mit einem Tonbandgerät aufzunehmen. Die Seagraves konnten die Tonbänder für ihr Buch auswerten. Sie haben neben ausführlichen Gesprächen mit Robert Curtis auch über drei Jahre lang mit Ben Valmores ausgiebig über seine Erlebnisse mit Prinz Takeda gesprochen und sie für absolut stimmig befunden. Beispielsweise hat Valmores auf alten Gruppenfotos versammelter japanischer Militärs und Adelsleute die Prinzen Takeda und Chichibu jedesmal sofort erkannt.

Auch die Berufs- und Lebenserfahrung der Seagraves verleiht dem Inhalt ihres Buchs Glaubwürdigkeit. Sterling Seagrave ist als Sohn einer angesehenen baptistischen Missionarsfamilie im Norden Birmas nahe der Grenze zu China aufgewachsen. Im Zweiten Weltkrieg gehörte sein Vater, Gordon Seagrave, als sprachgewandter Ortskenner und Mediziner in beratender Funktion dem Oberkommando von US-General Stillwell in Südostasien an. Sterling Seagrave hatte seine schreiberische Karriere als Reporter für die Washington Post begonnen, bevor er Investigativjournalist mit Schwerpunkt Asien für die Zeitschriften Time, Life, Atlantic Monthly und die Far East Economic Review wurde. Später veröffentlichte er als Historiker die Bücher "The Soong Dynasty" (1985) über die gleichnamige, bis heute auf Taiwan mächtige Familie, "The Marcos Dynasty" (1988), "Dragon Lady: The Life and Legend of the Last Empress of China" (1992), "Lords of the Rim" (1995) über die Geschichte der Auslandschinesen im südasiatischem Raum und "The Yamato Dynasty: The Secret History of Japan's Imperial Family" (2000). Peggy Seagrave arbeitete jahrelang als leitende Wissenschaftlerin und Bildredakteurin bei Time-Life Books.

"Gold Warriors" ist ein außergewöhnliches Buch, das spannend geschrieben und umfassend recherchiert wurde. Um letzteres zu belegen, haben die Seagraves Tausende dazugehöriger Schrift-, Ton- und Bilddokumente auf einer eigenen Website ins Netz gestellt. Nicht umsonst schloß Rob Attar 2006 seine Rezension der korrigierten und ergänzten 2005-Ausgabe von "Gold Warriors" für das BBC History Magazine der staatlichen britischen Fernseh- und Radioanstalt mit folgenden lobenden Worten ab: Wenngleich "viele Lücken bleiben ... handelt es sich hier um eine wichtige Geschichte mit weitreichenden Implikationen, die größere Aufmerksamkeit verdient".


Reisterrassen bei Banaue im Bezirk Ifugao auf der philippinischen Hauptinsel Luzon - Foto: Ian B. Alvarez, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Friedliche Hügellandschaft im Zentralgebirge Luzons, Hauptverstecksort des japanischen Raubgolds
Foto: Ian B. Alvarez, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

18. Oktober 2021

Sterling Seagrave & Peggy Seagrave
Gold Warriors
America's Secret Recovery of Yamashita's Gold
Verso, London, 2005
365 Seiten
ISBN: 978-1844675319


veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 169 vom 23. Oktober 2021


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang