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REZENSION/363: Gerhard Wisnewski - Verschlußsache Terror (Politik) (SB)


Gerhard Wisnewski


Verschlußsache Terror

Wer die Welt mit Angst regiert


Als im vergangenen März Charlie Sheen bei seinem Auftritt beim Fernsehnachrichtensender CNN die offizielle Version der Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 in Frage stellte und damit weltweit für Schlagzeilen sorgte, kam dabei etwas Erstaunliches heraus. Bei einer von CNN im Anschluß an das Interview durchgeführten Umfrage stimmten 84 Prozent der Befragten, allesamt US-Bürger, der These des Hollywood-Schauspielers zu, wonach in Sachen 9/11 die Regierung von Präsident George W. Bush die "wirklichen Geschehnisse vertuscht" hat - entweder, um die eigenen Versäumnisse im Vorfeld der Angriffe auf das Arlingtoner Pentagon und das New Yorker World Trade Center nicht einräumen zu müssen, oder, weil sie diese zugelassen hat beziehungsweise selbst darin verwickelt gewesen ist.

Wie begründet der Vertuschungsverdacht in Bezug auf den 11. September ist, macht ein vor wenigen Monaten erschienener Artikel der Washington Post mehr als deutlich. Damals berichtete der Post-Journalist Dan Eggens, Mitarbeiter und Mitglieder der Ende 2002 von Bush widerwillig eingesetzten, "unabhängigen" 9/11-Kommission seien während ihrer im Sommer 2004 dann abgeschlossenen Untersuchung "zu dem Schluß gekommen, daß die ursprüngliche Geschichte des Pentagons, wie es auf die Terrorangriffe von 2001 reagiert" habe, "Teil eines absichtlichen Versuches gewesen sein" könnte, "die Kommission und die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, statt einer Spiegelung der verwirrenden Ereignisse an jenem Tag ...".

Wegen dieses seltsam anmutenden Umstandes hatten die 9/11-Kommissionsmitglieder zunächst überlegt, die Verantwortlichen beim Justizministerium zwecks strafrechtlicher Ermittlung anzuzeigen, sich jedoch schließlich aus Rücksicht auf das öffentliche Ansehen der Staatsorgane entschieden, die Generalinspekteure des Verteidigungsministeriums und des Transportministeriums einzuschalten. Auf das Ergebnis deren Ermittlungen wartet man bis heute. Gleichwohl enthielt der schockierende Post-Artikel von Eggens einige bedeutungschwere Sätze, die allein für sich die offizielle Version des 11. September vollkommen diskreditieren:

"Bis heute wissen wir nicht, warum NORAD [das North American Aerospace Command] uns das sagte, was es uns gesagt hat", erklärte Thomas H. Kean, der ehemalige republikanische Gouverneur von New Jersey, der den Vorsitz der Kommission innehatte. "Es war dermaßen weit von der Wahrheit entfernt ... Es war später eines dieser losen Enden, die einfach nicht verknüpft werden konnten." (1)

In den USA ist gerade in den letzten beiden Jahren, vor dem Hintergrund des Irakkrieges und der unzähligen Lügen der Bush-Regierung bezüglich der Massenvernichtungswaffen und der Al-Kaida-Verbindungen Saddam Husseins, der Expertengruppe 9/11 Scholars for the Truth um den Physikprofessor Steven Jones, den Theologen David Ray Griffin, um den ehemaligen Stellvertretenden Wirtschaftsminister Paul Craig Roberts, den Politikwissenschaftler Peter Dale Scott, den Oberstleutnant a. D. der US-Luftwaffe, Robert Bowman, einst Leiter des Raketenabwehrprogramms des Pentagons, und den ehemaligen Chefökonomen im US-Arbeitsministerium, Morgan Reynolds, gelungen, immer mehr Amerikaner dazu zu bringen, sich wegen der vielen "unbeantworteten Fragen" um den 11. September Gedanken zu machen. In Deutschland, das vom ersten Tag an ein Hort der 9/11-Skeptiker gewesen ist, hat niemand zur Aufklärung der Flugzeuganschläge und ihrer Hintergründe mehr beigetragen als der preisgekrönte Autor Gerhard Wisnewski. Nach "Operation 9/11 - Angriff auf den Globus" (2003) und "Mythos 9/11 - Der Wahrheit auf der Spur" (2004) wirft Wisnewski unter dem Titel "Verschlußsache Terror - Wer die Welt mit Angst regiert" erneut einen kritischen Blick hinter die Kulissen dessen, was Politiker und Medien praktisch auf der ganzen Welt den einfachen Bürgern als "Antiterrorkrieg" verkaufen.

Im Vorwort erläutert Wisnewski sein Ansinnen wie folgt:

Dieses Buch vertritt die These, daß das, was wir jeden Tag in den Nachrichten über den Terrorismus erfahren, nur die Oberfläche ist, die äußere Hülle eines Tresors, in dem sich ein brisanter Schatz verbirgt: die Verschlußsache Terror. Ich behaupte, daß diese äußere Hülle nichts weiter ist als das, was die Bevölkerung, also Sie, wissen soll, um sie in eine bestimmte politische Richtung zu drängen. Keineswegs aber das, was die Bevölkerung wissen muß, und wahrscheinlich auch nicht das, was die Bevölkerung wissen will. Ich will hier versuchen, die Zahlenkombination dieses Tresors zu knacken. Ich werde mein Ohr an das Schloß legen und das Zahlenrad solange hin- und herdrehen, bis ich ihn wenigstens einen Spaltbreit geöffnet habe. (S. 10)

Diesem hohen Anspruch wird Wisnewski mehr als gerecht. Im ersten Teil des vorliegenden Buchs befaßt er sich ausführlich mit den verheerenden Anschlägen in Madrid vom 11. März 2004 und in London vom 7. Juli 2005 und geht den neusten Spuren in Sachen 9/11 nach, um schließlich vor dem Hintergrund der jüngsten Erkenntnisse über Sinn und Zweck des modernen Terrorismus beziehungsweise staatlichen Konterterrorismus die Geschichte der Roten Armee Fraktion (RAF) in Deutschland einer neuen Bewertung zu unterziehen. Die Zahl der von Wisnewski festgestellten Widersprüche in der offiziellen Geschichte des "Terrorismus" auf westeuropäischem Boden ist erschreckend hoch. Um nur einige Beispiele zu nennen: in Madrid bestanden die Komplott-Teilnehmer offenbar fast ausschließlich aus Polizeispitzeln und Informanten der Geheimdienste; in London fand ausgerechnet am "7/7" eine von staatlichen Stellen und privaten Sicherheitsunternehmen gemeinsam durchgeführte Terrorabwehrübung statt, deren Szenario geographisch und zeitlich fast hundertprozentig mit den tatsächlichen Anschlägen übereinstimmte; die beiden RAF-Terroristen Andreas Baader und Wolfgang Grams standen nachweislich mit staatlichen Verbindungspersonen in Kontakt, weshalb beide vermutlich beseitigt werden mußten. Fest steht, daß die behördlichen Selbstmordtheorien in den Fällen Baader und Grams der näheren Überprüfung, wie sie hier von Wisnewski betrieben wird, nicht standhalten.

Für Wisnewski stellt sich der "authentische Terrorist" als eine Ausnahme dar. Eher hat man es mit "professionellen Psychokriegern" aus den Reihen der Geheimdienste und des Militärs zu tun, deren Ziel der "Staatsstreich in Zeitlupe" ist. Wisneswki macht zudem auf Hinweise aufmerksam - beispielsweise die Festnahme zweier als Araber verkleideter Mitglieder des britischen Special Air Service (SAS) in Basra im September 2005, in deren Auto man Sprengstoff fand -, die den Schluß nahelegen, daß nicht wenige der angeblichen Selbstmordanschläge im Irak von den Besatzungstruppen ausgehen, um die Schiiten und Sunniten dort aufeinanderzuhetzen und die Entstehung einer nationalen Widerstandsfront zu torpedieren. Diese neomachiavellistische Strategie findet ihre offizielle Ausprägung in der auf Veranlassung von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gegründeten Sondereinheit "Proactive, Preemptive Operations Group (P2OG)", deren Existenz der Militärexperte William Arkin mit einem im Herbst 2002 bei der Los Angeles Times erschienenen Artikel (2) bekanntmachte und deren Aufgabe darin besteht, den USA feindlich gesonnene Radikalgruppierungen zu was auch immer zu provozieren, um sie besser bekämpfen zu können.

In diesem Zusammenhang spricht Wisnewski von Terror als "Mittel des Totalitarismus" und in Anlehnung an Adam Curtis' in Cannes 2005 mit der Goldenen Palme für die beste Dokumentation ausgezeichneten Film von einer "Politik der Angst", die heute in den westlichen Industrieländern das alles überragende, gesellschaftliche Paradigma darstellt. Unter Verweis auf Experten wie Jim Lobe und Shadia Drury wirft Wisnewski den Neokonservativen in den USA und ihren Likudfreunden in Israel, Leuten wie Bernard Lewis, Daniel Pipes und Benjamin Netanjahu - unter anderem anhand ihrer eigenen Äußerungen und Schriften - vor, aus Gründen der Staatsräson seit einigen Jahren die Welt gezielt in einen Jahrhundertkampf zwischen dem judäo-christlichen Westen und dem Islam zu steuern.

Zum Schluß identifiziert Wisnewski US-Vizepräsident Dick Cheney als denjenigen, bei dem am 11. September 2001 alle Fäden zusammenliefen und dessen Koordination der an diesem Tag im nordamerikanischen Luftraum stattfindenden, diversen Manöver die Flugzeuganschläge erst ermöglichte und die das beispiellose Versagen des Sicherheitsapparats am besten erklärt. Wisnewski präsentiert im Buch zudem einen erschütternden Brief des ehemaligen Feldwebels Lauro Chavez, der am Vormittag des 11. September die Vorgänge im Hauptquartier des für den Nahen Osten zuständigen US-Zentralkommandos hautnah miterlebte. Nach Angaben von Chavez war man an jenem geschichtsträchtigen Tag beim CENTCOM-HQ auf dem Luftwaffenstützpunkt MacDill in Florida mit einer großangelegten, zugleich streng geheimen Übung befaßt, deren fiktives Szenario den Absturz entführter Passagiermaschinen unter anderem auf das World Trade Center, das Pentagon, das Weiße Haus und den Sears Tower in Chicago vorsah.

Die höchst interessanten Ausführungen von Chavez würden möglicherweise erklären, warum Präsident Bush später die seltsame Behauptung in den Raum stellte, er habe bei seinem Schulbesuch in Florida am 11. September 2001 den Absturz der ersten Maschine in den WTC-Nordturm live im Fernsehen miterlebt. (3) In der regulären Berichterstattung der großen Medienanstalten aus New York wurden damals keine Bilder dieses Ereignisses, sondern lediglich vom Sturz der zweiten Maschine in den WTC-Südturm live ausgestrahlt. Erst über 12 Stunden später bekam die ganze Welt die Aufnahmen zu sehen, welche das französische Brüderpaar Gedeon und Jules Naudet bei seiner Dokumentation über das Alltagsleben New Yorker Feuerwehrleute auf der Straße in Downtown Manhattan machte und welche als bisher einzige den Anschlag auf WTC 1 zeigen.

Alles in allem muß man Gerhard Wisnewski attestieren, mit seiner weitgehenden Analyse des unsäglichen "globalen Antiterrorkrieges" unserer Tage den tatsächlichen politischen Realitäten sehr nahe gekommen zu sein. Für den Leser kann das bedeuten, daß er das Buch als beunruhigend, gar desillusionierend empfindet. Desillusionierung und Unruhe kann aber auch konstruktiv sein, indem sie den Leser im Zusammenhang mit mehr Informationen in der Sache der Gefährdung entzieht, zum Spielball aller an diesem fruchtlosen Konflikt Beteiligten gemacht werden zu können.

15. Dezember 2006

Fußnoten:

1. Dan Eggens, "9/11 Panel Suspected Deception by Pentagon -
Allegations Brought to Inspectors General", Washington Post, 2. August 2006

2. William M. Arkin, "The Secret War - Frustrated by intelligence
failures, the Defense Department ist dramatically expanding its 'black
world' of covert operations", Los Angeles Times, 27. Oktober 2002.

3. Elizabeth Bumiller, "President Tries to Give Florida, and Its
Governor, a Boost", New York Times, 5. Dezember 2001


Gerhard Wisnewski
Verschlußsache Terror
Wer die Welt mit Angst regiert
Knaur Taschenbuch Verlag, München, 2007
354 Seiten, Euro 12,95
ISBN 978-3-426-77932-3