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REZENSION/048: Stefan Schaub - Erlebnis Musik · Kleine Musikgeschichte (SB)


Stefan Schaub


Erlebnis Musik

Eine kleine Musikgeschichte



Wer immer sich etwas weitreichender mit Fragen und Themen zur Musik beschäftigen möchte, hat in Stefan Schaubs kleiner Musikgeschichte ein erschöpfendes Nachschlagewerk gefunden. Auf 258 Seiten findet man hier einen Abriß über die Entwicklungsgeschichte der Musik.

Waren ursprünglich Tradition und praktische Vermittlung die einzige Möglichkeit, Musik wiederzugeben und weiterzureichen, bot sich mit der Entwicklung der Tonsysteme der Antike bis zu einem ersten und später differenzierteren Notationssystem im Mittelalter nun die Möglichkeit der Verbreitung einer einheitlichen Musik.

Mit speziellen Schaukästen verschafft der Autor dem Leser zusätzlich knappe und überschaubare Übersichten zu einzelnen Themenbereichen, wie etwa anhand von Notenbeispielen zur Entwicklung der Kirchenmusik oder einen zusammenfassenden Stilvergleich zum vorher behandelten Thema des musikalischen Umbruchs um 1750.

Stefan Schaub erläutert nicht nur geschichtliche, sondern auch ästhetische und soziologische Aspekte, die zu den entsprechenden Veränderungen in der Musik geführt haben.

Er reist mit dem Leser vom Mittelalter, der Domäne der französischen Musiker, in die Schule der Niederländischen Meister, ins 17. und 18. Jahrhundert, dem sogenannten Barock-, aber auch Italienischen- oder Generalbaß-Zeitalter. Er geht auf Johann Sebastian Bach ein und schreibt eine kritische Darstellung, betitelt "Der andere Mozart". An diesem Beispiel räumt er gründlich mit den allgemein verbreiteten und tief verwurzelten Klischeevorstellungen über den ach so viel umstrittenen Mozart auf.

Auch ein weniger vertrautes Thema stellt er auf einfache Art und Weise vor: den Anfang unseres Jahrhunderts entstanden Neoklassizismus, wie auch die unter Arnold Schönberg kreierte Zwölftonmusik. Notenbeispiele erleichtern wieder das Verständnis.

Selbst wenn ein Leser nicht die Möglichkeit oder vielleicht nicht das Interesse hat, sich umfassender in die Thematik einzuarbeiten, so regen die Erläuterungen Stefan Schaubs mindestens zum Nachdenken an. Sie stellen wesentliche Aspekte der Zeit dar, die oftmals unbeachtet bleiben.

Stefan Schaub unternimmt nicht den Versuch, eigene Deutungen hinzuzufügen; er recherchiert, erläutert und bezieht Stellung:

Und auch diejenigen Musikologen, die von sich behaupten, sie hätten eine reine Weste, weil sie sich nie zu biographischen Dingen geäußert hätten, [...], sind von dem Vorwurf nicht loszusprechen, den massenhaft verbreiteten falschen Stereotypen nicht in dem Umfange, der geboten gewesen wäre und immer noch ist, sachlich korrigierend entgegenzutreten. (S. 143)

So rät er dem Leser, sich nicht von Klischees und Deutungen bestimmen zu lassen, sondern das eigene Urteil durch aktives Zuhören zu bilden. Seine Botschaft an den Leser lautet, nicht nur einfach Musik zu hören, sondern die Bereitschaft aufzubringen, sich durch Hintergrundinformationen ein weitreichenderes Verständnis zu verschaffen. In der Folge ermöglicht dies ein aktives Zuhören und damit das "ERLEBNIS MUSIK".


Stefan Schaub wurde 1952 geboren. Er studierte Musikwissenschaft, Musikpädagogik und Psychologie und unterhält heute Seminare für Klassische Musik mit dem Anspruch, interessierten Laien klassische Musik auf einfache Art und Weise nahezubringen. Zum Thema Musik erschien von ihm u.a. 1991 "Hören mit Begeisterung".


Stefan Schaub
Erlebnis Musik
Eine kleine Musikgeschichte
dtv/Bärenreiter, 1993
16,90 DM
ISBN 3-423-30384-0