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BUCHBESPRECHUNG/135: Martin Rütter - Langenscheidt Hund-Deutsch / Deutsch-Hund (Wörterbuch) (SB)


Martin Rütter


Langenscheidt Hund-Deutsch / Deutsch-Hund



Wer sich Regeln wünscht, soll auch Regeln bekommen

Verkaufstechnisch gesehen ist es ja gar keine schlechte Idee, dem weitverbreiteten Wunsch nach Richtlinien zu entsprechen und ein Lexikon für die Übersetzung der Hundesprache ins Deutsche zu schreiben. Bei ca. 5,3 Millionen Hunden in Deutschland sicherlich ein lohnendes Geschäft.
   Unzweifelhaft ist das Konzept nicht ganz ernst gemeint - wie man leicht an dem gesamten Layout des handgroßen Büchleins erkennen kann. Aber offenbar wollte der Verlag Langenscheidt zeigen, daß er auch eine humorige Seite hat, indem er für Hunde sowie für Katzen jeweils ein kleines Wörterbuch herausgibt.

Ob sich der Verlag damit allerdings einen Gefallen getan hat, sei dahingestellt. Denn die klaren Regeln, die typisch für ein Wörterbuch sind, fehlen hier. Selbst die Tabellen lassen an Eindeutigkeit zu wünschen übrig. Ein Beispiel zur Anschauung. Der Welpe soll die erste Fütterung bekommen. Der Hundefreund (HF) sagt: 'Hat etwa noch keiner den Hund gefüttert.' / Der HF meint: 'Warum bekomme ich nie eine Antwort? Dann fülle ich in den nächsten 60 Sekunden eben selbst den Futternapf - bevor unser Hund noch verhungert. (S. 49)
   Der Leser darf nun selbst entscheiden, was daran witzig und was der eigentliche Ratschlag sein soll. Nun könnte man argumentieren, daß Humor eigentlich immer doppeldeutig und hintersinnig sei, und es somit kein Wunder wäre, wenn der Leser wegen der Witzigkeit nicht auf nüchterne Vorschrift stößt. Aber irgendwann fragt man sich dann doch, welcher Sinn und Zweck mit diesem Lexikon eigentlich verfolgt wird.

Auch der Hundetest ist letztlich eine Irreführung. Versprochen wird die Beantwortung der Frage: "Sind Sie ein 'Hundemensch'? - Der ultimative Test." Eigentlich vermutet man, daß sich bei diesem Test herausstellen soll, ob man geeignet ist, einen Hund zu halten und gut zu erziehen. Aber Fragen wie: "Könnte das Schnarchen Ihres Mannes für Sie ein Grund sein, einen Mord zu begehen? Das Schnarchen Ihres 13jährigen Rüden löst hingegen ein unfassbares Wohlbefinden in Ihnen aus?" (S. 37) zeigen, daß dieser Test wirklich nur unterhalten soll.

Auf der Rückseite des Buchdeckels, der wie die Vorderseite das typische gelb-blaue Langenscheidt-Outfit zeigt, wird mit werbeähnlichen Sätzen der Eindruck erweckt, im Buch ginge es darum, Hunde besser zu verstehen. Doch wird nicht Aufklärung gegeben, sondern der Leser muß sich durch lauter kleine Anekdoten lesen, deren indirekte Aussage leider die erwartete Anleitung missen läßt. Es sind lustig gemeinte Beschreibungen des Problem-Zustandes eines Hundebesitzers, die nur in den seltesten Fällen genügend Analyse für die Lösung des Problems bieten.

Auch wenn man sogleich weiß, daß der Lektor des Verlags das Manuskript mit einem Augenzwinkern und einem Schmunzeln in den Mundwinkeln durchgewunken hat, bei diesem Band wäre es besser gewesen, das Manuskript an einen jener Verlage weiterzureichen, der humoristische Texte als Geschenkbüchlein herausgibt, die man nicht zu lesen braucht und die nur für diejenige Unterhaltung da sind, an die man keine Sekunde lang Nachdenken verschwendet, weil sie nichts Neues beinhalten und wirklich nicht als Ratgeber zu nutzen sind.

Wenn ein Wörterbuchverlag ein Lexikon verkauft, sollte doch der Erwartungshaltung des Kunden entsprochen und die erwünschten Richtlinien angeboten werden.

Martin Rütter
Langenscheidt Hund - Deutsch / Deutsch - Hund
Langenscheidt KG, Berlin und München, 2009
128 Seiten
Euro 9.95 (D) / Euro 10.30 (A)
ISBN 978-3-468-73232-4


9. Februar 2012