Schattenblick →INFOPOOL →BUCH → ROMANE

REZENSION/086: PERRY RHODAN - Der Schwarm, Band 4 - 7 (SciFi) (SB)


PERRY RHODAN

Der Schwarm

Der abgeschlossene Zyklus Band 4 - 7


Mit dem Schwarm-Zyklus, so wird PERRY RHODAN nachgesagt, hat die Serie erst richtig die kosmische Bühne betreten: Eine ganze Galaxis, die sich auf einer schier endlosen Reise durchs All befindet, beim Durchqueren anderer Galaxien Sterne und Planeten aufnimmt, ausplündert und wieder nach hinten ausstößt, bietet Stoff für phantastische Geschichten. Genauer gesagt, für siebzig spannende Romane, die ihrerseits als Zyklus fest in die Gesamtkosmologie des "Perryversums" eingewoben sind.

Der Pabel Moewig Verlag hat in diesem Jahr begonnen, die Abenteuer am und im Schwarm als abgeschlossenen Zyklus für eine neunbändige Taschenbuchreihe herauszugeben; die Bände 6 und 7 sind im November 2005 erschienen. Es wurden allerdings nicht sämtliche Heftvorlagen in die Taschenbuchreihe aufgenommen, eine Entscheidung, die sich als vorteilhaft erwiesen hat. Dadurch fiel die eine oder andere Länge weg, die sich unvermeidlich beim wöchentlichen Erscheinen einer Serie, an der mehrere Autoren mitarbeiten, ergeben - was die Qualität der unberücksichtigt gebliebenen Romane keineswegs schmälert, sie tragen lediglich nicht im gleichen Ausmaß zum Fortschritt der Handlung bei wie die anderen.

Die Weltraumserie PERRY RHODAN spielt zwar in einer fiktiven Zukunft der Menschheit, aber sie greift gern weit zurück in die Vergangenheit, als es noch keine Terraner gab, Superintelligenzen geboren wurden und die Mächte des Chaos und der Ordnung bereits gigantische Schlachten hinter sich hatten. Die mehr als vier Jahrzehnte lange Erfolgsgeschichte dieser Science-fiction-Serie hat sicherlich damit zu tun, daß in ihr Historie und Zukunft miteinander verbunden werden und sich der Schicksalsfaden einzelner Protagonisten mit dem höherer Wesenheiten kreuzt. Dafür hat sich "Sense of wonder" als stehender Begriff in der Fan- Gemeinde unter anderem auf der Leserkontaktseite etabliert, jener Einrichtung zum Meinungs- und Informationsaustausch der Leser, die sich schnell zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Heftromanserie mit ihren bislang 2310 Einzelbänden entwickelt hat.

Durch den Kampf gegen den anfangs übermächtig erscheinenden Schwarm, dessen Kontrolleure die Lebensverhältnisse ganzer Planeten ändern, so daß sie eine ihnen genehme Gravitation und Temperatur aufweisen, werden Perry Rhodan und seine Mitstreiter (und mit ihnen die Leserschaft) Schritt für Schritt in tiefere kosmische Geheimnisse eingeweiht, und typischerweise bildet jede mühsam errungene Antwort die Grundlage für weitere Fragen. So kommen die Terraner zwar in näheren Kontakt zu dem sich sehr bedeckt gebenden Volk der Cynos, werden mit gewissen Einschränkungen auch zu deren anerkannten Bündnispartnern gegen die parapsychisch begabten Karduuhls, die Schwarmgötzen, die den Schwarm für ihre Zwecke manipulieren, aber daß hinter den Cynos mehr steckt, als auf den ersten und sogar den zweiten Blick zu erkennen ist, wird ebenfalls deutlich - wie gesagt, für jedes gelüftete Mysterium eröffnen sich mindestens zwei weitere.

Die ersten Zyklen der PERRY RHODAN-Serie, zu denen auch der Anfang der siebziger Jahre geschriebene Schwarm-Zyklus zu rechnen ist, zeichneten sich dadurch aus, daß häufig viele der unsterblichen Zellaktivatorträger auf einem Raumschiff versammelt waren und gemeinsam in den Einsatz gingen. Gleiches galt auch für die Mutanten, von denen jeder seine besonderen Fähigkeiten einbrachte, um im Team eine höhere Schlagkraft zu entfalten, als es jeder einzelne für sich hätte leisten können.

Typisch für diese Ära bei PERRY RHODAN war das Eindringen des Raumschiffs GEVARI mit einem Sondereinsatzkommando durch den Schmiegschirm in den Schwarmkopf. Auch wenn die Fähigkeit des Supermutanten Ribald Corello den entscheidenden Ausschlag für das Gelingen gab, ohne das reibungslose Zusammenwirken mehrere Mutanten und Nicht-Mutanten wäre die GEVARI schon bald vernichtet worden. Fragte man nach dem pädagogischen Wert der PERRY RHODAN- Serie, so wäre sicherlich die geschilderte Teamfähigkeit der Hauptfiguren an vorderster Stelle zu nennen.

Darüber hinaus liefern die vorliegenden Bände immer wieder versteckte bis offene Zeugnisse bestimmter Wertvorstellungen. Mal wird ein Plädoyer fürs Yoga gehalten (Bd. 4, S. 330), mal die Bedeutung von Popularität heruntergespielt (Bd. 4, S. 62); die Freundschaft von Sandal Tolk und Tahonka-No füllt Hefte, und Perry Rhodan ist zwar Kommandant des Raumschiffs MARCO POLO, aber wenn es um die Darbietung einer anti-militaristischen Moral geht, erweist sich der Unsterbliche mitunter als Vorreiter. Da wird zum Beispiel sein Raumschiff von feindlichen Wesen, den Lacoons, geentert, aber Perry Rhodan lehnt es ab, mit tödlichen Waffen auf die Invasoren zu schießen, da er mit ihnen verhandeln will. Erst als dieser Versuch scheitert und die MARCO POLO von einer Überzahl fremder Einheiten attackiert wird, schießt sich das Raumschiff durch die Geschwader des Gegners und fügt ihnen schwerste Verluste zu.

Solche Sequenzen kommen in PERRY RHODAN immer wieder vor, was der Serie schon mal den Ruf eingebracht hat, martialisch zu sein. Das ist allerdings eine arg verkürzte Sicht, bei der die Vielfalt der Handlungsstränge übersehen wird. Sie wird am Beispiel des Umgangs der Autoren mit der Nukleartechnologie deutlich. Die Erfindung von Mutanten, die ihre besonderen Fähigkeiten (Telepathie, Telekinese, Suggestion, etc.) aufgrund atomarer Verstrahlungen erhalten haben, könnte als Argument für die Behauptung dienen, daß hier die Wirkung von Atombomben verharmlost werden soll.

Allerdings hatte im allerersten Zyklus ein gewisser Major Perry Rhodan einen Atomkrieg auf der Erde verhindert, was als Bekenntnis der Autoren gegen die atomare Bewaffnung verstanden werden müßte. Andererseits scheute sich Perry Rhodan in dem vorliegenden Zyklus nicht, Atombomben in den Ozeanen der Erde zu zünden, um die Schwarmgötzen zu täuschen. Eine Nuklearverseuchung wurde demnach als bewältigbar und unter bestimmten Umständen akzeptabel beschrieben. Doch auch dieses Bild kann nicht verallgemeinert werden. Im vorliegenden Band 4, S. 327, wird der atomar kontaminierte Planet Redmare in keineswegs beschönigenden Worten beschrieben.

PERRY RHODAN entwirft somit kein Schwarz-weiß-Bild von der fiktiven Zukunft der Menschheit. Wer jedoch einzig daran interessiert ist, sein Vorurteil gegenüber diesem Weltraumabenteuer bestätigt zu sehen, wird dafür sicherlich hier und da Munition finden. Er verschlösse sich aber vor der Chance, ein phantasieanregendes Medium dazu zu nutzen, sich abwechslungsreich unterhalten zu lassen und dabei im Nebenlauf einen Blick auf den jeweils aktuellen Zeitgeist zu erhalten, in dem die Romane verfaßt wurden und bis heute noch werden. Der neu aufgelegte Schwarm-Zyklus ist dafür sicherlich eine gute Gelegenheit.



PERRY RHODAN - Der Schwarm, Der abgeschlossene Zyklus
Band 4: Die gelben Eroberer
Band 5: Herrscher des Schwarms
Band 6: Die Cynos
Band 7: Terra im Brennpunkt
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt 2005