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BUCHBESPRECHUNG/018: Dietz - Soldat des Imperiums (STAR WARS) (SB)


William C. Dietz & Dean Williams


STAR WARS

SOLDAT DES IMPERIUMS STORIES 1



Angesichts eines schier überquellenden Comicmarktes inzwischen auch in Deutschland bleibt es nicht aus, daß Verlage, die sich ursprünglich der Verbreitung des Comics verschrieben hatten, ihre Angebotspalette erweitern und auch auf den Romansektor vorstoßen. So hat in dem vorliegenden Roman "Soldat des Imperiums", dem ersten Band aus der Trilogie "Star Wars Stories", der Stuttgarter Verlag Feest Comics das zeichnerische Verlagsgeschäft weitgehend verlassen und ein Buch geschaffen, das am treffendsten mit dem Prädikat "reichhaltig illustriert" charakterisiert werden kann.

Auf einer Vielzahl ganzseitiger Farbillustrationen begleitet Dean Williams in abwechslungsreicher Manier die Handlung in einer Welt, deren Gestaltung bereits durch die Kinofilme vorgegeben ist. Dennoch ist es Williams gelungen, durch seine Technik einer teils weichen Pinselführung zusammen mit beinahe schon fotorealistischen Elementen einen Stil einzubringen, der sich von der hinlänglich bekannten schablonenhaften Vorlage der Filmversionen wohltuend abhebt. Dean Williams schuf mit seinen Illustrationen eine eigenständige futuristische Welt, die aber an Wiedererkennungselementen für den Star-Wars-verwöhnten Betrachter nichts zu wünschen übrig ließ.

Leider kann man das von dem Textteil nicht behaupten. Hier zeigt sich deutlich die Schwäche des modernen Merchandisings, bei dem die Filme nicht mehr nur nach einer Buchvorlage gedreht, sondern die Bücher einem Film nacherzählt werden. Und in diesem Fall geht die Vermarktung sogar noch einen Schritt weiter, denn es werden Abenteuer wiedergegeben, die ursprünglich als Computerspiel ("Star Wars - Dark Forces" und "Jedi Knight") konzipiert waren. Die Handlung ist dementsprechend simpel, eigentlich abrufbar und stellt nicht mehr als eine lose Aneinanderreihung von Science-fiction-Klischees dar, wie sie in jeder x-beliebigen TV-Serie aus diesem Genre auch verbraten werden.

Der junge Kyle Kataran ist ein treuer und erfolgreicher Soldat des herrschenden Imperiums, wenn er auch manchmal Herz für die Rebellen zeigt und sie wider Erwarten nicht kaltblütig ermorden läßt. Als er aber erfährt, daß sein Vater ebenfalls für die Rebellen gekämpft hat und von den finsteren Schergen des Imperators ermordet wurde - eine überaus verwerfliche Tat, die man natürlich den Rebellen in die Schuhe schob -, wechselt Kyle kurzerhand die Seiten und stellt sein Wissen und seine Fähigkeiten in den Dienst der Unterdrückten. Und um nicht gänzlich auf den Schuß Fantasy verzichten zu müssen, wurde Kyle von seinen Schöpfern noch mit einem mystischen Potential ausgestattet, das "Macht" genannt wird und es ihm ermöglicht, Ereignisse vorauszuahnen oder von einer höheren Warte aus zu sehen. Noch weiß der auf Rache sinnende Ex-Soldat nichts von seinen verborgenen Fertigkeiten, auch wenn sie ihm schon mal das Leben gerettet haben.

Ein paar ehrliche, beherzte Worte, und unser junger Held wird in den Kreis der Rebellen aufgenommen und übernimmt sogleich einen überaus wichtigen Auftrag. Wird es ihm gelingen, die Speichermatrix für das planetengroße Schlachtschiff aus der bewachten, festungsähnlichen Anlage herauszuholen? Selbstverständlich, und dabei schießt er gleich mehrere Dutzende tumb angreifende Soldaten ab, die zwar auf Wache sind, sich aber weder in ihrer eigenen Anlage ausreichend genug auskennen noch in der Lage sind zu erfassen, auf was der Angreifer eigentlich hinaus will.

Zweifellos kommt in diesen und ähnlich geschilderten Sequenzen die Vorlage des Computerspiels vollends zum Tragen, bei dem man sich in der Rolle des Helden ebenfalls in eine bewachte Anlage einschleichen und gegen unzählige Soldaten durchsetzen muß. Schuß, Treffer, Schuß, Treffer, Drehung, Schuß, Treffer - während der Held allenfalls einen Streifschuß abbekommt (das macht sich dann auf der Kinoleinwand besonders gut, wenn der raufmütige Rebell von der Rebellin seines Herzens, die bei der Auseinandersetzung selbstverständlich nur die zweite Geige spielen durfte, liebevoll verbunden wird). Während sich also der Held tapfer durchschlägt, schießen seine ehemaligen Kameraden nur Löcher in ihre eigene Festung. Erstaunlicherweise verhielt es sich bei einem früheren Angriff der Imperiumstruppen gegen die Rebellen, als Kyle noch der Herrschaft treu ergeben war, genau umgekehrt. Da trafen die Soldaten besser.

Kyle Kataran ist ganz und gar ein Produkt seiner Umgebung. Eben noch war er Soldat des Imperiums, im nächsten Moment, nachdem er von der schönen Rebellin, die ganz und gar ohne Falsch ist, lediglich ein paar Filmsequenzen über die angeblich wahren Mörder seines Vater vorgespielt bekam, wechselt er die Seiten, um Rache zu nehmen. Aber selbst diese stellt er hintenan, als er gebeten wird, für die gute Sache an sich und nicht aus Rache zu kämpfen. (Weiß der Teufel, warum persönliche Rache verwerflich, Vergeltungsschläge eines Staates oder einer Organisation aber immer positiv bewertet werden.) Und als Kyle beinahe von der Rebellin hinterrücks erschossen wurde, weil sie sein Verhalten - pardon - mißgedeutet hat, da bewegt ihn das auch nicht tiefer, und er geht erst mal mit ihr essen. Kann ja passieren, daß jemand seinen Partner gleich erschießt, anstatt ihn zur Rede zu stellen.

Bei der Nacherzählung von TV-Episoden ist es noch keinem Autor gelungen, die handelnden Charaktere aufleben zu lassen, so daß sie gegenüber ihren cineastischen Vorlagen Eigenständigkeit entwickeln. Anders hingegen ist es manchmal, wenn die Bücher den Handlungsstrang einer Fernsehserie begleiten, aber nicht wiederkäuen. Dann haben die Autoren und Autorinnen die Chance, eigene Welten zu schaffen, und brauchen sich nur an die groben Charaktervorgaben ihrer Protagonisten halten. Doch sobald Filme oder eben Computerspiele nacherzählt werden, liest sich das wie die Pflichtübung eines Autors; und das schriftstellerische Handwerk wird auf das bloße Zusammenfügen von inhaltsleeren Worthülsen in grammatikalisch korrekter Form reduziert.

Das gilt besonders für den vorliegenden Band aus dem Universum von "Star Wars", das ohnehin schon nicht mehr als ein dünnes Excerpt früherer SF-Romane bietet. Doch im Gegensatz zu den ebenfalls einfach geschnittenen Helden eines Autors wie E.C. Tubb oder, im deutschen Sprachraum, K.H. Scheer, fehlt dem "Soldaten des Imperiums" etwas, das man als Seele bezeichnen möchte. Die Charaktere bleiben blaß und leer, bloße Hülsen eben. Der Autor hat eine Pflicht erfüllt - die Leser erkennen ihre Helden auf Anhieb wieder -, aber er hat dem auch nichts weiter hinzugefügt. Das Phantastische einer C.L. Moore oder auch das Technisch- Visionäre eines Hans Dominik hat sich aus dieser Recycling-Form der Science-fiction herausgeschlichen. Man kann noch so viele bunte Plastikbecher zusammenschmelzen - am Ende sieht das Produkt, die Parkbank, immer nur abgestanden graubraun aus.

"Soldat des Imperiums" ist für eingefleischte Star-Wars-Fans sicherlich attraktiv, auf jeden Fall hinsichtlich der gelungenen Illustrationen, aber an der Geschichte als solche wird deutlich, daß hier das Genre Science-fiction austauschbar mit dem des Western- oder Abenteuerromans wird. Wer also einen spannenden oder auch nur kurzweiligen, vielleicht gar existentiell philosophischen oder gesellschaftsvisionären Science-fiction- Roman lesen möchte, ist mit diesem Buch nicht gut bedient. Wer aber ein gut aufgemachtes Weihnachtsgeschenk für einen Star-Wars- Fan sucht, der findet es in dem vorliegenden Werk.

William C. Dietz & Dean Williams
STAR WARS
STORIES 1
SOLDAT DES IMPERIUMS
Feest Comics
Berlin 1997