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TAGESSPALT/0477: Kurzweiliges für den 24.12.2014 (SB)


Mittwoch, 24. Dezember 2014


C. Brentano

Zum Abschluß unserer Tagesspalt-Serie in diesem Jahr zitieren wir einen Frischling aus unserer lyrisch-kritischen Satirefolge "Dichterstreit" oder "HB aus dem Hinterstübchen":

Hörst du, wie die Brunnen rauschen ...

Hörst du wie die Brunnen rauschen,
Hörst du wie die Grille zirpt?
Stille, stille, laß uns lauschen,
Selig, wer in Träumen stirbt.
Selig, wen die Wolken wiegen,
Wem der Mond ein Schlaflied singt,
O wie selig kann der fliegen,
Dem der Traum den Flügel schwingt,
Daß an blauer Himmelsdecke
Sterne er wie Blumen pflückt:
Schlafe, träume, flieg', ich wecke
Bald Dich auf und bin beglückt.

(1827, Clemens Brentano,
aus Karl Otto Conrady: Der neue Conrady - Das große deutsche Gedichtbuch, Düsseldorf 2001, Seite 366)

Ich hab' mich bei diesen Worten
nur gefragt, ist es der Reim,
der das Karussell der Pforten
so verklebt wie Haferschleim?

Ganz beliebig ohne Grund
macht ein Künstler sich die Lust,
schleift hier ein paar Sätze rund
und entlädt so seinen Frust

oder was ihn sonst bedrückt,
vielleicht, weil Ideen fehlen,
ist er doch am Schuß beglückt
und hört auf, den Reim zu quälen.

HB aus dem Hinterstübchen

23. Dezember 2014


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