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KALTE PLATTE/0088: Klatsch auf krossen Kräckern (SB)


Satirische Canapés und Cocktailbissen



Frohe Kunde für die Bundeswehr

Einem Weihnachtsengel gleich, wenigstens was den Überraschungseffekt angeht, ist die neue Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am vierten Adventssonntag beim deutschen Truppenkontingent in Masar-i-Sharif eingeschwebt. Vom Himmel hoch, da komm ich her. Und gute neue Mär brachte sie auch, wie es sich für solch ein himmlisches Wesen gehört: Mehr Sicherheit für die Soldaten! An der Qualität der Ausrüstung solle fortan nicht gespart werden.

Meinte sie damit, entsprechend der Erwartung einiger Offiziere, mehr Drohnen anstelle von Soldaten einzusetzen? Immerhin ist es ein offenes Geheimnis, daß die künftigen Kriege der Bundesrepublik unter Vorhaltung des Sicherheitsarguments überwiegend von Drohnen ausgefochten werden sollen. Doch Drohnen haben nun einmal den Ruf, einer besonders unehrenhaften, ja feigen Art der Kriegsführung Vorschub zu leisten. Und viele der eher konservativ eingestellten Offiziere wie auch Soldaten hängen noch Idealen von Soldatenehre und der Verhältnismäßigkeit der Mittel im Kampf an. Solcherlei Bedenken zu zerstreuen ist eine besorgt-mütterlich auftretende Frau sicherlich besser geeignet als ein Minister mit militärischem Ethos.

Doch warum wollte die Verteidigungsministerin in Masar-i-Sharif nicht neben den beiden dort stationierten Aufklärungsdrohnen für ein Pressefoto posieren? Weil sie natürlich nicht so dumm ist, gleich mit der Tür ins Haus beziehungsweise mit der Drohne in die Hochzeitsgesellschaft zu fallen. Da wählt sie lieber einen Umweg, etwa den, den ein nach ihrem Afghanistan-Besuch kursierendes Gerücht von einer wirklich sicherheitsrelevanten Neuerung erahnen läßt: Friedhelm, der Prototyp der ersten androiden Kommunikationsdrohne der Bundeswehr, soll bald in Masar-i-Sharif den Dienst antreten. Dann braucht kein Soldat mehr sein Leben aufs Spiel zu setzten, der bei einem Versuch der Kontaktaufnahme mit der afghanischen Bevölkerung sein gepanzertes Fahrzeug verläßt.

Denn das macht künftig Friedhelm. Friedhelm, so blond und blauäugig, wie man sich einen Deutschen vorstellt, spricht neben Paschto, Farsi, Urdu, Hazaragi, Usbekisch und Turkmenisch auch noch eine Vielzahl regionaler afghanischer Dialekte. Der Soldat im Panzerfahrzeug braucht nur noch das Sprachmodul zu aktivieren, schon übersetzt Friedhelm hin und rück und - je nach Tastendruck - lächelt dabei, blickt aufrichtig-ernst, schaut betreten zu Boden oder stimmt kopfnickend zu. Ein immenser Zugewinn an Sicherheit für die Soldaten.

Friedhelm ist genau das, was die Bundeswehr im Zuge ihrer Reform am dringendsten braucht: eine Drohne zum Liebhaben. Zusammen mit der ersten weiblichen Verteidigungsministerin Deutschlands ein wahrhaft unschlagbares Team. Selbst für hartnäckige Verfechter von Soldatenehre und Kriegerethos, denen der Knopfdruck-Combat vom Drohnen-Display im sicheren Feldlager noch Übelkeit bereitet.

Zur Bundeswehrreform gehört eben auch ein Lernprozeß bei den Soldaten: die Abstraktion von lebenden Personen hin zu unbelebten Pixeln. Dabei wird Friedhelm ihnen helfen. Und wenn dieser Lernschritt erst einmal vollzogen ist, dann finden auch die weniger liebenswerten Drohnen schnell ihren Platz in den Reihen von Ursula von der Leyens reformierten Streitkräften. Prosit Neubeginn!

31. Dezember 2013