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KALTE PLATTE/0021: Klatsch auf krossen Kräckern (SB)


Satirische Canapés und Cocktailbissen


Geschichte einer Austrocknung - die Medienmumie 2010

KALTE PLATTE-Interview mit dem bekannten TV-Reporter, Print- Journalisten und Chefredakteur Stephan Aus anläßlich seiner Ernennung zur Medienmumie 2010

KALTE PLATTE: Herr Aus, wie haben Sie es geschafft, sich bereits zu Lebzeiten in die vielhofierte Mumie zu verwandeln, die Sie heute sind?

AUS: Ich habe mir eben nie die Füße naßgemacht und gebe über die, die dumm genug sind, es zu tun, trockene Kommentare ab.

KALTE PLATTE: Aha, verstehe. Aber haben Sie als Student während der 68er-Unruhen nicht wenigstens mal feuchte Hände bekommen?

AUS: Doch, schon. Aber gegen sowas hilft Papier. Sie glauben gar nicht, was Unmengen von Papier alles aufsaugen können.

KALTE PLATTE: Stimmt, Sie haben viel geschrieben nach ihrem Exkurs ins linke Millieu. Und das hat genügt, um ihren jetzigen Zustand herbeizuführen?

AUS: Nicht ganz. Um den Austrocknungsprozeß voranzutreiben - meinen Nachnamen "Aus" leite ich übrigens von diesem schönen Wort her - mußte ich viel Luft im Mundraum hin- und herbewegen. Ich glaube, ich habe das bei "Spießer-TV" hinreichend demonstriert. Es unterstützt den Feuchtigkeitsentzug. Ebenso wie das Wühlen in staubigen Archiven.

KALTE PLATTE: Herr Aus, nach der RAF haben Sie sich jetzt kritisch der Linkspartei zugewandt. Manche Leute behaupten, Ihre diesbezügliche Betriebsamkeit wäre die Fortsetzung des Versuchs, Ihre damals aufgrund der verschärften politischen Lage allzu offen zutage tretenden Fluchtreflexe in die Bürgerlichkeit klugzuargumentieren.

AUS: Ich würde im Hinblick auf meine Entwicklung nicht von Fluchtreflexen sprechen. Das klingt zu emotional. Ich spreche lieber von Skepsis. Und ich kann jedem nur dazu raten. Skepsis allem und jedem gegenüber. Denn Skepsis ist in unserer griechisch geprägten Kultur quasi der Stein der Weisen. Wer eine klare Stellungnahme vermeiden möchte, führt die Skepsis ins Feld und schon verwandelt sich selbst die offenkundigste Raushaltestrategie in goldglänzende Klugheit. In diesem Sinne hat die Skepsis meinen Mumifizierungsprozeß sozial enorm aufgewertet. Davon abgesehen hat das Wort an sich eine herrlich trockene Konnotation.

KALTE PLATTE: Erstaunlich, so habe ich das bisher noch nie gesehen. Und darf ich Sie abschließend noch fragen, ob Sie zufrieden damit sind, als erste lebende Mumie im TV und in den Print-Medien häufiger in Erscheinung zu treten? Oder haben Sie noch höhere Ziele?

AUS: Doch, durchaus. Und zwar sehe ich meine Entwicklung erst als abgeschlossen an, wenn auch der geringste Anflug menschlichen Aufbegehrens, der mich streift, dabei ein papiertrockenes, überlegen raschelndes Geräusch erzeugt.

KALTE PLATTE: Ein hohes Ziel. Aber bei Ihnen durchaus vorstellbar. Herr Aus, ich wünsche Ihnen gutes Gelingen! Dürfte ich Sie vielleicht noch um ein Glas Wasser - ach so, nicht, klar, die Verdunstung, na dann - (verzweifeltes, trockenes Husten). ENDE




24. Februar 2010