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KALTE PLATTE/0015: Klatsch auf krossen Kräckern (SB)


Satirische Canapés und Cocktailbissen


Die neuen Infantilen

Jugendwahn war gestern! In einer Umgebung mit zunehmender Rundumbespitzelung und einem sich aus den USA anschleichenden Folterhorror gilt heute nicht mehr das Teenageralter als Nonplusultra und Orientierungswert aller übrigen Lebensabschnitte. Trendscouts, aufgepaßt: Jetzt kommt die Vorpubertät! Sich mit Attributen kindlicher Unschuld auszustatten hilft nämlich, so harmlos wie möglich zu wirken gegenüber dem bösen Verdacht, politisch irgendwie danebenzuliegen.

Tut mir nichts, lautet der unausgesprochene Appell der neuen Infantilen, ich tu' euch auch nichts. Unterhaltungskünstler wie die kleinmädchenmäßig-kokette Annett Louisan ("Ich will doch nur spielen") oder der unschuldsengelhafte Hollywood-Teeniestar Zac Efron produzieren sich immer erfolgreicher unter dem "HAHA"-Label (= HAuptsache HArmlos).

Der Zurück-in-die-Vorpubertät-Trend spiegelt sich längst im Produktdesign vieler Waren wider: in Unmengen neuer Spezies von Kuscheltieren, in der Bekleidung mit an kindliche Wachstumsschübe angepaßter Überlänge von Ärmeln oder Hosenbeinen, den oft nuckelartigen Getränkeflaschenverschlüssen, den mannigfachen Produkten zur Entfernung adulter Körperbehaarung und dergleichen mehr. Auch das Aufblitzen einer Zahnspange zwischen den Lippen gilt gerade unter Twens inzwischen als unglaublich süß. Unverzichtbar dabei jener maulig-nörgelige Gesichtsausdruck, der keineswegs aus der Unversöhnlichkeit stammt, oh nein, sondern direkt aus der Anspruchskiste egozentrischer Wohlstandsgören. Die denken nämlich garantiert nicht über das Falsche nach. Eher schon überhaupt nicht. Und genau so - das haben die neuen Infantilen intuitiv erfaßt - soll es auch sein.


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© 2009 by MA-Verlag - KALTE PLATTE/0015


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22. Juli 2009