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BUCHTIP/1004: Alles Espresso - Kleine Helden der Alltagsbeschleunigung (idw)


Universität der Bundeswehr München, Stephanie Linsinger, 06.10.2006

Neues Buch des Zeitforschers Karlheinz Geißler


In seinem neuen Buch "Alles Espresso - Kleine Helden der Alltagsbeschleunigung" untersucht der Zeitforscher und Professor an der Universität der Bundeswehr München Karlheinz Geißler den Nutzen der Alltagshilfen wie Reißverschluss und Fernsteuerung. Er stellt fest, dass sie uns weniger entlasten als wir annehmen. Dabei räumt Geißler auch mit der Vorstellung auf, dass wir durch ein höheres Tempo mehr vom Leben haben. Das neue Buch erscheint am 09. Oktober im Hirzel Verlag, Stuttgart.


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Aus dem Inhalt von "Alles Espresso - Kleine Helden der
Alltagsbeschleunigung"

Der Teebeutel, das Tempotaschentuch, der Reißverschluss, die Fernsteuerung, der Brüh- und der Suppenwürfel, sogar die Postkarte und auch der Lift, ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Zeit sparen. Zumindest erwartet man das von ihnen. Täglich offeriert uns die Werbung ein noch schnelleres, ein noch besseres Produkt. Aber alle Hoffnungen, alle Sehnsüchte dadurch von den lästigen Mühen des banalen Alltags entlastet zu werden, sind trügerisch. Das Leben wird durch die vielen, kleinen Helden der Alltagsbeschleunigung nicht besser, geruhsamer schon gar nicht, und auch nicht weniger anstrengend. Wir können uns zwar so immer auf der Höhe der Zeit fühlen, aber doch nur um den Preis zunehmender Atemlosigkeit. Die Erwartung, durch mehr Tempo auch mehr von der Welt haben zu können, wird von der Erfahrung dementiert, dass uns die Welt dabei mehr und mehr davonläuft. Der Kauf eines Computers zum Zwecke der Zeitersparnis ist genauso wenig vernünftig, wie die Einladung eines Kannibalen zum gemeinsamen Essen.

Stress, Hektik und Zeitnot werden größer. Die Zeitgewinne, falls sie sich denn einstellen, zeigen sich als äußerst flüchtig. Verurteilt, ihnen immerzu hinterherzuhetzen, fehlt uns schließlich die Ruhe und die Besinnung, jene seltsam widersprüchliche Logik zu durchschauen, bei der das Zeitsparen in mehr Zeitnot, größere Zeitverluste und wachsendes zeitliches Elend umschlagen. So machen wir uns selbst zu Opfern und Tätern eines Zeitgesetzes, das da lautet: Wer die Zeit nicht verlieren kann, dem geht sie verloren.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.unibw.de/paed/wp/
- Institutsseite von Prof. Karlheinz Geißler


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität der Bundeswehr München, Stephanie Linsinger, 06.10. 2006
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de