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MELDUNG/085: Poesiepreis an Jon Fosse und den deutschen Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel (Stadt Münster)


Stadt Münster - Pressemitteilung von Donnerstag, 15. Dezember 2016

"Enorm aufgeladene Gedichte"

Poesiepreis der Stadt Münster an den Norweger Jon Fosse und seinen deutschen Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel


Münster (SMS) Mit Theaterstücken feierte er Welterfolge, seine 30 Bühnenvorlagen sind in 40 Sprachen übersetzt. Der Lyriker hingegen will in Deutschland noch entdeckt werden: Jon Fosse, norwegischer Dramatiker und Dichter, wird mit dem Preis für Internationale Poesie der Stadt Münster ausgezeichnet. Geehrt werden der am Hardanger-Fjord aufgewachsene Schriftsteller und sein deutscher Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel für den zweisprachigen Gedichtband "Denne unforklarlege stille / Diese unerklärliche Stille" (2016) - einem Band, der geprägt ist von einer "beeindruckend reduzierten Lyrik und einer großen minimalistischen Intensität". Dies hat der Rat der Stadt am 14. Dezember auf Vorschlag einer Jury bestätigt.

Die Ehrung erfolgt am 21. Mai 2017 zum Abschluss des Internationalen Lyrikertreffens in Münster. Autor und Übersetzer teilen sich die Preissumme von insgesamt 15.500 Euro.

Jon Fosse, 1959 in der Fjordlandschaft der Küstenstadt Haugesund geboren, lebt heute in Oslo und im österreichischen Hainburg an der Donau. Für seine Romane und Theaterstücke wurde der Nobelpreiskandidat vielfach mit Preisen bedacht, zuletzt mit dem Europäischen Literaturpreis und der Auszeichnung des Norwegischen Kulturrates. Die poetische Stimme von Fosse ist in Deutschland hingegen so gut wie unbekannt. So hat vor wenigen Monaten erst der münstersche Verlag Kleinheinrich zum ersten Mal eine Auswahl seiner Gedichte auf Deutsch veröffentlicht. "Diese unerklärliche Stille" - eine zweisprachige Ausgabe mit Radierungen von Olav Christopher Jenssen - ist ein für Auge und Hand gleichermaßen hochwertig gestaltetes kleines Kunstwerk.

Jon Fosse verschwende seine Sprache nicht, setze Worte nur dort ein, wo sie unvermeidlich werden. "Trotz ihres kargen Sprachmaterials sind seine Gedichte enorm aufgeladen", urteilt die Jury über diesen Lyrikband. Die Poesie des Norwegers werde "ausnahmslos schattiert von der komplexen Tragik wie Schönheit der menschlichen Existenz".

Ohne herausragende Übersetzer kann es keine internationale Lyrik geben. Der gebürtige Berliner Hinrich Schmidt-Henkel - gleicher Jahrgang wie Fosse - hat sich als Übersetzer von Lyrik und von Prosa und Theaterstücken einen Namen gemacht. Die Jury sagt: "Ihn zeichnet eine beeindruckende Sprachgenauigkeit und Sprachsensibilität aus." Gewürdigt werde mit Jon Fosse eine Stimme, die auf einem "ungewohnt konzentrierten Umgang mit Sprache innerhalb einer von Sprachflut, Wortreizen (...) durchzogenen Moderne beharrt". Und gewürdigt werde zugleich mit Schmidt-Henkel ein Übersetzer, der diese Stimme "absolut authentisch ins Deutsche zu übersetzen vermag."

Info: Die Stadt Münster vergibt den Poesiepreis für einen Lyrikband und dessen Übersetzung seit 1993 im Biennale-Rhythmus. Die Nominierungen nimmt eine externe Jury vor. Ihre Mitglieder sind: Lyriker und Literaturkritiker Urs Allemann, Literaturkritiker und Herausgeber Michael Braun, Literaturkritikerin Cornelia Jentzsch, Literaturkritiker, Autor und Herausgeber Johann P. Tammen und Literaturkritiker und "Schreibheft"-Herausgeber Norbert Wehr sowie mit beratender Stimme Bürgermeisterin Beate Vilhjalmsson. 2011 weitete sich die bis dahin auf Europa konzentrierte Auszeichnung auf internationale Poesie aus. Preisträger 2015 waren der US-Amerikaner Charles Bernstein und die Übersetzerteams "Versatorium" sowie das Quartett Tobias Amslinger, Norbert Lange, Léonce W. Lupette und Mathias Traxler.

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Quelle:
Pressemitteilung von Donnerstag, 15. Dezember 2016
Stadt Münster
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Fax: 0251 / 492 7712
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2016

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