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SAMMLER/037: Kleine Typologie der Comic-Sammler (SB)


Sammler-Typen




Comic-Sammler sind ein Menschenschlag für sich. Bei aller Verschiedenartigkeit lassen sich einige Grundtypen herausarbeiten, die wir Ihnen hier einmal vorstellen wollen:

Der Geld-Hai

Er sammelt und hortet Comics nur der Geldanlage wegen. Der Typ des geschäftstüchtigen Sammlers ist in der Regel kein Comic-Fan, und selbst, wenn er einer wäre, würde er seine kostbaren Sammlerexemplare auf keinen Fall lesen. Die werden gleich nach dem Kauf in speziell für diesen Zweck vorgesehene Comic-Schutzhüllen verpackt und sachgerecht eingelagert. Sinn und Zweck dieses vom Inhalt der Comics völlig losgelösten Sammlertums ist eine möglichst hohe Gewinnspanne, weshalb man vollständige Serien, Erstnummern und sonstige Raritäten als Wertanlage besonders schätzt.

Der Geld-Hai ist ein Eigenbrötler, seine Comic-Sammlung bekommt kaum jemand zu Gesicht, allenfalls ein potentieller Käufer.


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Der Kunstsammler

Er ist ambitionierter Comic-Fan und sein Bestreben geht dahin, der "neunten Kunst" alles Anrüchige, Triviale und Primitive zu nehmen. Comics sind reine Kunst, diesen Beweis will der Kunstsammler mit Hilfe seiner Schätze erbringen, die sich repräsentabel untergebracht im Wohnzimmer befinden. Man muß ihm zugutehalten, daß er auch andere an seiner umfangreichen Sammlung teilhaben läßt und sie seinen Gästen, nach entsprechenden Instruktionen, wie die kostbaren Alben pfleglich zu behandeln sind, zum Lesen zur Verfügung stellt. Obwohl nicht ohne Dünkel, ist er gegenüber anderen sehr aufgeschlossen zu nennen und immer bereit zu einem Gespräch.

Beim Kunstsammler kann man neben Spiegelman, Eisner, Prado, Manara, Pratt und wie die renommierten Zeichner alle heißen, auch Exzentriker und Experimentalisten betrachten. Ebenso selbstverständlich reiht sich auch Carl Barks in die Riege der Comic-Künstler ein. Dank der Barks Library kann der Kunstsammler ihn mittlerweile ebenfalls präsentabel herzeigen - obwohl gleichen Inhalts, würden abgegriffene Micky Maus-Hefte nicht in das edle Ambiente passen. Die meist recht gut betuchten Kunstsammler werden von den Großverlagen, die Monat für Monat prachtvolle Hochglanz-Alben, Hardcover-Bände, Reeditionen und Werkausgaben herausbringen, hofiert.


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Der Vollständigkeits-Fanatiker

Er sammelt streng nach Themen und ist Experte auf seinem Gebiet. Der eine strebt an, sämtliche Neuerscheinungen eines bestimmten deutschen Verlages zu besitzen, der andere gar alle deutschen Neuerscheinungen. Einer sammelt frühe Zeitungsstrips aus Amerika, ein anderer Nachkriegscomics aus der Schweiz. Kurz, die Zahl der Spezialthemen ist schier unerschöpflich.

Der Vollständigkeits-Fanatiker ist rastlos. Sollte seine Sammlung einmal vollständig sein, wendet er sich dem nächsten Spezial- Thema zu. Für sein Hobby bringt er zahlreiche Opfer und entwickelt geradezu detektivischen Spürsinn. Er ist Spott gewohnt und fröhnt dem Genuß seiner Sammlung deshalb vorzugsweise allein. Wird er allerdings einmal aus der Reserve gelockt, etwa durch einen interessierten Gesprächspartner, kann man sich mit ihm stundenlang über Comics unterhalten und wird auch seine Sammlung bewundern können.


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Der Mode-Sammler

Der Mode-Sammler sammelt das, was gerade aktuell ist. Sein Sammlertrieb ergibt sich bei ihm eher daraus, daß er Comics kauft, um sie zu lesen und sie, da sie ihm gefallen und es sich zum Teil ja auch um erhebliche Ausgaben handelt, aufhebt. Der Mode-Sammler ist der Ansicht, daß Comics in erster Linie zum Lesen da sind und verleiht sie daher auch bereitwillig. Aufgrund seiner Lese-Leidenschaft, die sich meist auch auf entsprechende Background-Magazine erstreckt, hat er sich ein umfangreiches Fach- bzw. Szenewissen angeeignet und ist informationsmäßig auf dem letzten Stand; ein Wissen, das er gerne mit anderen teilt.


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Der Aufbewahrer

Der Aufbewahrer ist eigentlich gar kein "echter" Sammler - er kann nur eben einfach nichts wegwerfen. Und deshalb findet sich in seinem Zimmer, auf dem Dachboden, im Flurschrank und wo auch immer er sich eingenistet hat, neben Briefmarken, Bierdeckeln, Pixi-Büchern oder Perry Rhodan-Heften auch eine ansehnliche Comic-Sammlung. Ungeordnet zwar und auch nicht sachgerecht bei richtiger Temperatur und Luftfeuchtigkeit gelagert, aber dennoch mit seltenen Stücken, die das Herz jedes Comic-Fans höherschlagen lassen. Will man ihm jedoch seine Sammlung abschwatzen, etwa mit Argumenten wie "Die liest du ja doch nie mehr!" oder "Ich kann das hier für dich wegräumen, dann hast du mehr Platz!" erwacht sein seit den Kindertagen (wo die Mutter immer seine Sachen wegwerfen wollte) geschärfter Instinkt. Nicht umsonst ist es ihm schließlich gelungen, über all die Jahre hinweg seine Schätze aufzubewahren und vor den streng logisch begründeten Argumenten diverser Aufräumversuche zu schützen.

Es ist auch nicht so, daß die Sammlung völlig in Vergessenheit geraten würde. Ab und zu macht der Aufbewahrer nämlich nostalgische Ausflüge in die Tiefen diverser Schränke und Abstellplätze und atmet den Hauch seiner Kindheitserinnerungen statt aus der "Barks Library" aus genau denselben Heften, die er vor 30 Jahren auch schon gelesen hat. Wenn das nicht authentisch ist ...


10. August 2007