Schattenblick →INFOPOOL →BILDUNG UND KULTUR → COMIC

NEUERSCHEINUNG/521: 02/06 · Simpsons Comics (112) "Der Unglücksbote"


Ian Boothby, John Costanza


Simpsons Comics (112)

"Der Unglücksbote"



Tja, ähm ... irgendwer hat versucht. Karamell in der Kaffeemaschine herzustellen und, wie soll ich's sagen, jedenfalls steht Sektion 7-G jetzt in Flammen. Schokoflammen!
Hmmm ... das haben Sie mir ziemlich gut beigebracht.
Nun, wenn Sie gerade in der Stimmung für schlechte Nachrichten sind, jemand hat die Toilette für Angestellte mit einem Basketball verstopft und die Leitungen sind geplatzt! Aber es hat auch was Gutes, das Wasser löscht das Schokofeuer.

"Ja, ja, ja, so muß man schlechte Nachrichten verkaufen!" freut sich der Leiter des Springfielder Kernkraftwerkes, Mr. Burns, und ernennt Homer Simpson, denn dieser war es, der da gerade eben mit den Hiobsbotschaften zur Tür hereinplatzte, sogleich zum offiziellen Überbringer schlechter Nachrichten.

Mit diesem Problem hatte er sich gerade selber herumgeschlagen und sogar eigens Krusty den Clown engagiert, um zu lernen, seinen Angestellten möglichst schonend eine sehr schlimme Nachricht mitzuteilen: Ihre Lebenserwartung ist wegen eines Lecks im Kühlsystem um durchschnittlich fünf Jahre verringert. Eingedenk der funktionierenden Gerüchteküche des Werkes vertraut er Homer diese Botschaft unter dem Siegel der Verschwiegenheit an. Der Effekt ist grandios: Schon im nächsten Bild rennen sämtliche Angestellten panisch durcheinander ...

In der nächsten Zeit macht Homer sich in ganz Springfield einen Namen als Unglücksbote, denn Mr. Burns hat eine Menge schlechte Nachrichten unters Volk zu bringen. Von der abgesagten Verlobung über gestrichene Forschungsmittel bis hin zu der Mitteilung, daß es sich bei den geschenkten Steaks auf dem Simpsonschen Mittagstisch um original Ponyfleisch handelt - eine Nachricht, die Lisa umgehend in katatonische Starre verfallen läßt - Homer führt alle Aufträge gewissenhaft aus. Als Gefühlstrampel, das er ist, lassen ihn die Reaktionen seiner Mitmenschen völlig kalt, insofern ist er für diese Art von Job hervorragend geeignet. So kommt es, daß bald auch andere seine Dienste in Anspruch nehmen. Nachdenklich wird Homer erst, als die Menschen beginnen, ihn zu meiden, weil sie Angst haben, er könnte ihnen eine schlechte Nachricht bringen. Nachdem auch seine Familie nicht mehr mit ihm an einem Tisch sitzen mag und Marge nicht mehr mit ihm das Bett teilen will, weiß er, daß es an der Zeit ist, mit diesem Job aufzuhören.

In einer witzigen Nebenhandlung kann man in dieser Geschichte obendrein verfolgen, wie Ned Flanders süchtig nach Videospielen wird. Natürlich hat Bart dabei seine Finger im Spiel ...

Auch in den Simpsons Comics weht in letzter Zeit ein schärferer Wind. Der Ton ist rauher geworden, der Humor bissiger und bösartiger. Man fühlt sich mitunter recht unwohl in Springfield, das sich immer mehr an das reale Amerika anzunähern scheint. Vor allem der Umgang der Figuren untereinander ist es, der beklommen macht. Damit sind nicht in erster Linie überspitzt dargestellte Figuren wie der ober-gleichgültiger Homer gemeint, der nicht einmal merkt, was er seiner Tochter, die Ponys über alles liebt, mit dieser Nachricht antut, sondern eher die Werte, für die die Simpsons stehen. Familie Simpson beispielsweise war früher immer gerade deshalb so sympathisch, weil sie trotz ihrer Gegensätzlichkeiten und Schwächen zusammenhielt. Geschichten, in denen solche Qualitäten im Vordergrund stehen, werden leider immer seltener. In diesem Sinne ist Homer Simpson ein echter "Unglücksbote" ...


Ian Boothby (Geschichte), John Costanza (Zeichnungen)
Simpsons Comics (112) "Der Unglücksbote"
Panini, Stuttgart, Februar 2006
44 Seiten, Heft, Euro 2,50