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HINTERGRUND/011: Globi - Vom Werbepapagei zum Comichelden (SB)


Ein lustiger Schelm


Globi ist ein Allerweltskerl, ein ulkiger Tausendsassa. In allen Lebenslagen geht er seine eigenen Wege. Unmögliches macht er möglich; Unwahrscheinliches wird bei ihm Wirklichkeit. Als lustige Fabel-Figur entstammt Globi dem Reich ursprünglichen Humors. Tut er etwas Gewichtiges, so wirkt es humoristisch. Passiert ihm etwas Dummes, so muß man lachen. Wird ihm aber sein eigener, unbändiger Tätigkeitsdrang zum Verhängnis, dann schmunzelt der Leser und denkt an La Fontaines Fabeln. Wenn also in der Phantsaiewelt der Märchen- und Fabel-Figuren noch eine Lücke bestehen sollte, wird sie Globi - der schweizerische Spaßmacher - schließen.

Aus dem Vorwort zu "Wie Globi Bauer wurde", Verlag Die Boje, Stuttgart

Der hier so liebevoll charakterisierte Globi wurde zu einem recht profanen Anlaß erfunden - die Schweizer Globus-Warenhauskette feierte ihr 25jähriges Bestehen, und zu dieser Gelegenheit wurde "Globi", geschaffen von J.K. Schiele und Robert Lips, in die Tageszeitungen gesetzt. Damals schrieb man das Jahr 1932 und so existiert der übermütige, vermenschlichte Papagei, der ständig eine großkarierte Hose und eine Baskenmütze trägt, seit nunmehr 75 Jahren und hat sich in dieser Zeit nur wenig verändert. Als rechter Schelm ärgert er ausgesprochen gern seine Umgebung - einmal wurde er wegen seiner vielen Vergehen sogar für ein volles Jahr auf eine einsame Insel verbannt - gefiel jedoch, wie so viele Figuren, gerade ob seiner offenkundigen Schwächen sowohl den Globus-Direktoren als auch den Kindern. So wurde im Folgejahr ein Globi-Werbeheft herausgegeben, das kostenlos an die Kunden verteilt wurde. Nach einem weiteren Werbeheft im nächsten Jahr war Globi ab Januar 1935 Titelfigur einer Monatszeitschrift, die sich mit Comics, Gedichten und Spielen an jüngere Leser wandte.

Aufgrund seiner langjährigen Beliebtheit wurde Globi in der Schweiz von vielen Autoren fortgesetzt, seine Abenteuer in zahlreichen Büchern zusammengefaßt. Globi erschien auch in etlichen anderen Ländern wie Deutschland, Österreich, Holland, Norwegen, ja sogar in Brasilien und Japan und in den USA.

Freund Globi, dieser lustige, stets hilfsbereite Schelm, ist heute eine der beliebtesten Fantasiefiguren der ganzen Welt. Ob Frankreich oder Belgien, ob in der Schweiz oder in Deutschland, ob in Holland oder Norwegen, in den Urwäldern Brasiliens oder in Nordamerika - überall hat er sich die Herzen vieler, vieler Tausender von kleinen und großen Menschen erobert. Wer Globi kennt, liebt und bewundert ihn - und sollte ihm nacheifern. Denn dieses pfiffige Kerlchen beweist immer und immer wieder, daß man mit Mut und Humor viel weiter im Leben kommt als mit Drückebergerei und ewigem Murren ...

Aus "Globi im Reiche der Tiere", Verlag Die Boje, Stuttgart

Globi wird seinem Publikum in einer für Comics recht ungewöhnlichen Form präsentiert: Die Geschichten, die als Onepager mit Fortsetzungscharakter angelegt sind, wurden in eine Bild- und eine Texthälfte aufgeteilt. So findet sich immer auf der linken Hälfte einer Doppelseite ein sechsstrophiges Gedicht à vier Zeilen, das die eigentliche Geschichte erzählt, während die rechte Seite, die die Begebenheit in Form einer Bildergeschichte illustriert, ganz ohne Worte auskommt. Ohne den ausführlichen Text versteht man die Geschichte jedoch meist nicht, da die vier bis sechs Bilder immer nur einige Szenen aus der Handlung herausgreifen, ihren inhaltlichen Zusammenhang jedoch nicht unbedingt klarmachen können.

Globi ist also kein typischer Comic und hat sich durch seinen hohen Textanteil wahrscheinlich die Wertschätzung so manches Erwachsenen gesichert, der diesem Genre sonst eher ablehnend gegenüber steht.

Eines der charakteristischen Merkmale von Comics demonstriert Globi jedoch besonders eindrucksvoll: das Zusammenwirken von Text und Bild. Nehme man zum Beispiel das folgende Gedicht, das den Auftakt eines Globi-Buches mit dem Titel: "Globi im Reiche der Tiere" darstellt:

Welch ein schöner Tag ist heute!
Globi, Freund der kleinen Leute,
Schreitet munter über Land
Mit dem Stöcklein in der Hand.

Aber solche Sonnentage
Bringen neben Lust auch Plage.
Nach zwei Stunden ungefähr
Schwitzt der Junge wie ein Bär.

Drum verläßt er nun die Matten
Und begibt sich in den Schatten.
Dort im Walde ist es kühl -
Welch ein wonniges Gefühl!

Plötzlich bleibt er zaghaft stehen.
Ei, was läßt sich denn hier sehen?
Ist es wohl ein böser Geist,
Der ihm da die Richtung weist?

Freundlich schaut der "Geist" herunter,
Drum wird Globi wieder munter
Und getraut sich ganz allein
Weiter in den Wald hinein.

Stämme werden zu Gestalten,
Die geheime Zwiesprach halten,
Und sie lächeln Globi zu:
"Freund, wir lassen dich in Ruh".

Aus "Globi im Reiche der Tiere", Verlag Die Boje, Stuttgart)

(Die Bilder auf der rechten Seite zeigen: 1. Globi, der vergnügt und unternehmungslustig über eine Wiese spaziert, die Sonne scheint. 2. Globi wischt sich den Schweiß von der Stirn. 3. Er marschiert auf einen Wald zu. 4. Einer der Bäume hat plötzlich ein Gesicht und spricht Globi an, was diesen sehr erschreckt. 5. Die Bäume öffnen eine Art Gasse, viele von ihnen haben nun Gesichter, alle sehen Globi freundlich hinterher, der nun tiefer in den Wald hineinwandert.)

Die klar formulierten, kindgerechten, dabei aber nicht zu simplen Reime, die auch für sich schon recht eingängig sind, bekommen durch die Bilder eine ganz besondere Wirkung. Es zeigt sich - und dies durch die bei Globi-Geschichten praktizierte Trennung von Text und Bild besonders deutlich - was ihre in der eigenen Phantasie jedes Lesers vollzogene Verbindung bewirkt, das weder ein unillustrierter Reim noch ein unkommentiertes Bild für sich allein bewirken könnten. Man springt vom Text zum Bild und wieder zurück, wandert nach Belieben zwischen beiden Teilen hin und her, alles ganz nach eigener Freude und eigener Geschwindigkeit und dies sogar mit noch größerer Freiheit als bei "normalen" Comics, der eine widmet sich mehr dem Text, liest ihn ein oder mehrere Male, der andere schaut lieber erst die Bilder an und liest den Text als Erläuterung dazu - wodurch das Lesen und Betrachten zu einem zum großen Teil "selbstgemachten" und dadurch besonders intensiven Erlebnis wird.

Daß die Bilder recht einfach sind, trägt bei dieser besonderen Form der Präsentation noch zum Effekt bei, denn dadurch bekommt der Text, der neben allzu prächtigen Illustrationen vielleicht untergehen würde, die ihm gebührende Bedeutung als eigentlicher "Geschichtenerzähler", auf den man als Leser immer wieder zurückkommt.

Vielleicht hat sich gerade durch diese "altmodische" Form der besondere Reiz der Globi-Abenteuer durch so viele Jahre hindurch erhalten und sich seinen Lesern besonders eingeprägt.

11. Mai 2007