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FUNDGRUBE/109: Von "Spider-Man" zur "Super-Seepocke" und anderes (SB)


Vermischte Fundstücke und Kuriositäten aus der Welt der Comics


Von "Spider-Man" zur "Super-Seepocke" ...?

Comics sind häufig von Vorbildern aus der Natur inspiriert. Der derzeit wohl berühmteste Held dieser Machart ist Spider-Man. Fans des zum Arachnoiden mutierten jungen Mannes kennen die Szene: Spinnensekret schießt aus der Hand von Spider-Man und rettet Mary-Jane nach hundert Metern Sturz um Haaresbreite unmittelbar vor dem Aufprall. Während seine Freundin noch in den Armen des Helden liegt, erblassen manche vor Neid. Nicht wegen Mary-Jane, wohlgemerkt. Vor allem Klebstoffchemiker würden nur zu gerne können, was der Comic-Held aus dem Effeff beherrscht.

Für normale Spinnen gehört das zum Alltag: Ohne hauptberuflicher Comic-Held zu sein, kann eine Spinne dank ihrer mit Millionen mikrofeinen Härchen bestückten Beinchen das 170fache ihres eigenen Gewichts halten. Die Härchen schmiegen sich so perfekt an die Oberfläche an, daß sie selbst ohne klebrige Zwischenschicht haften. Ein Superkleber, der so gut klebt, daß eine winzige Fläche eine Brems-Belastung von annähernd 400 Kilogramm halten kann, ist heute jedoch noch ebenso Zukunftsmusik wie die Möglichkeit, sich an einer senkrechten Fläche festzuhalten.

Dabei ist die Industrie längst auf das Kleben gekommen. Hunderttausende Tonnen werden jedes Jahr an Klabstoffen hergestellt. In Sachen Aushärtung und Umweltverträglichkeit müssen die Chemiker der Natur aber weiterhin gründlich auf die Finger schauen. Der absolute Superkleber der Natur wächst übrigens am Strand: Die Seepocke ist sogar doppelt so stark wie Spider-Man, klebt 50 Tonnen pro Quadratmeter und härtet den biologisch abbaubaren Kleister auch noch unter Wasser aus.

Wann es den Superkleber zu kaufen gibt, steht noch in den Sternen. Wer bis dahin die Klebkräfte der Natur erleben möchte, geht am besten ins Kino ...


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Biene Maja - bekannter als der Papst?

Ihr wird ein Bekanntheitsgrad von 99 Prozent bescheinigt - so populär ist wahrscheinlich nicht einmal der Papst. Die Rede ist von der Biene Maja. Wie gelangte ein schlichte Biene zu derartigem Ruhm? Des Rätsels Lösung liegt wahrscheinlich darin begründet, daß die liebenswürdige Maja, die bereits 1912 von dem deutschen Schriftsteller Waldemar Bonsels erdacht wurde, über mehrere Generationen und Genres hinweg bekannt ist und, durch ständige Be- und Überarbeitungen dem jeweiligen Zeitgeschmack angepaßt, stets "up-to-date" bleib.

Nachdem allein der Roman von Bonsels in 40 Sprachen übersetzt wurde und seit der Erstausgabe von 1912 eine Auflage von fast zwei Millionen Exemplaren erreichte, wurde die Figur der Maja den Jüngeren vor allem durch verschiedene, in Japan produzierte TV- und Comic-Versionen, die ab der zweiten Hälfte der 70er Jahre entstanden, ein Begriff. Zu jener Zeit herrschte ein regelrechtes "Biene-Maja-Fieber" und es gab eine große Anzahl von Produkten aller Art, die mit der Biene ausgestattet waren. Die Comic- Abenteuer von Maja erschienen mehrfach in deutschen Heftserien, Taschenbuchausgaben und Alben, in mehreren Wellen zwischen 1976 und 1985 im Bastei-Verlag. Doch der Maja-Boom ist noch längst nicht vorbei.


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Von Nietzsches "Übermensch" zu "Superman"

Der aus der Lutherzeit stammende Begriff "Übermensch" bezeichnet im mystisch-theologischen Sprachgebrauch den Gott(es)menschen. Übersteigernd oder auch spöttisch wird mit diesem Wort der ideale Mensch im Besitz oder Bewußtsein seiner Vollkommenheit umschrieben, so geschehen in der Renaissance, bei Goethe, insbesondere aber bei Nietzsche (Also sprach Zarathustra, 1883).

Kein Wunder also, daß die beiden 16jährigen High-School-Studenten Jerry Siegel und Joe Shuster auf die amerikanische Entsprechung dieses Namens verfielen, als sie, inspiriert durch einen Roman des amerikanischen SF-Autors Philip Gordon Wylie Anfang der 30er Jahre mit jugendlicher Begeisterung einen neuartigen Comic-Helden ersannen. Im Unterschied zum Wylies Figur Hugo Danner, der durch den Genuß eines Wundermittels eine außerordentliche physische Stärke erlangte, nahezu unverwundbar war, 15 Meter hoch springen und Stiere durch einen Schlag zwischen die Augen ausschalten konnte, besaß der frisch kreierte Comic-Held zu Beginn seiner Laufbahn zwar nur eine besondere Eigenschaft - er konnte extrem weit springen -, dafür aber einen überaus klangvollen Namen: "Superman".

"Superman" gilt als sog. Lehnübersetzung. Dabei handelt es sich im Unterschied zu echten Germanismen (wie "Kindergarten", "Blitzkrieg" oder "Weltschmerz", die Eingang in zahlreiche Sprachen gefunden haben) um Wortschöpfungen, bei denen die deutschen Ausdrücke Bestandteil für Bestandteil wörtlich in die andere Sprache übersetzt wurden. Und so tummelt sich die moderne Version von Nietzsches "Übermenschen" nicht nur in amerikanischen Comic-Heften, sondern findet sich beispielsweise auch im französischen ("surhomme"), spanischen ("superhombre") und portugiesischen ("superhomem") Sprachgebrauch.

22. August 2007